Zwölf Flüge nach Frankfurt für Dienstag gestrichen. Die Gewerkschaft will mit dem Ausstand in Tarifauseinandersetzung den Druck erhöhen.

Frankfurt/Hamburg. Trotz des verschärften Streiks am Frankfurter Airport können Reisende wieder auf einen geordneteren Flugverkehr hoffen. Obwohl der Ausstand am größten deutschen Flughafen bis zum Mittwochmorgen verlängert wurde, rechnen der Betreiber Fraport und der Hauptkunde Lufthansa mit weniger Flugausfällen als in der vergangenen Woche. Um die Auswirkungen des Arbeitskampfes der rund 200 Vorfeldlotsen, Einweiser und Disponenten abzufedern, hat Fraport eigens Mitarbeiter geschult, die deren Aufgaben übernehmen. In den festgefahrenen Tarifkonflikt ist bisher keine Bewegung gekommen.

Am Montag fielen während der 18 Stunden Betriebszeit am zentralen deutschen Drehkreuz 240 von 1271 geplanten Flügen aus, sagte eine Fraport-Sprecherin am Montagabend. Das waren rund 60 weniger als am Freitag vergangener Woche mit gut 300 Ausfällen in lediglich 14 Stunden Streik. Dem Betreiber kam entgegen, dass am Rosenmontag weniger Passagiere unterwegs waren als üblich. Im Vergleich zu einem Tag im Sommer mit etwa 180.000 Passagieren seien es derzeit nur rund 130.000.

Die Streikenden hatten am Montagmorgen die dritte und mit 48 Stunden bislang längste Runde ihres Arbeitskampfes eingeläutet. Die Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) bekräftigte ihre Entschlossenheit, ihre Forderungen durchzusetzen. Diese brächten nach Angaben von Fraport für einzelne Beschäftigte bis zu 70 Prozent höhere Gehälter. „Wir müssen das jetzt durchziehen. Und wir werden das jetzt durchziehen“, sagte GdF-Tarifvorstand Markus Siebers. „Wir hoffen, dass die Erhöhung des Drucks zu einem Einlenken von Fraport führt.“

Für den Dienstag plante die Lufthansa nur noch mit 160 gestrichenen Starts und Landungen – nach rund 200 Ausfällen am Montag. Der Interkontinentalverkehr werde weiterhin im vollen Umfang aufrechterhalten, der Flugplan innerhalb Deutschlands und Europas werde ausgedünnt. „Wir haben es immer besser im Griff, einen stabilen Flugverkehr abzuwickeln“, sagte Lufthansa-Sprecher Andreas Bartels.

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Der Flugverkehr mit zahlreichen Umbuchungen auf andere Flüge und das Umsteigen auf die Bahn liefen „den Umständen entsprechend reibungslos“, ergänzte eine Sprecherin. Konkurrent Air Berlin berichtete ebenfalls von einigen Ausfällen nach Frankfurt. Die Passagiere werden aber ebenfalls umgebucht.

Viele Reisende steigen auf die Fernzüge der Deutschen Bahn um. Besonders auf den Nord-Süd-Strecken nach Stuttgart, München, Berlin und Hamburg seien mehr Fahrgäste unterwegs, sagte ein Bahnsprecher in Berlin. Es gebe dadurch aber keine Probleme. Am Hauptbahnhof und am Flughafen Frankfurt wiesen Mitarbeiter die neuen Passagiere ein, Züge seien verlängert worden. „Alles, was rollen kann, rollt“, sagte der Sprecher.

Auch die anderen Fluggesellschaften zeigten sich zufrieden mit dem Krisen-Management, das insbesondere die interkontinentalen Verbindungen bevorzugt. Martin Gaebges vom Airline-Verband Barig stärkte der Fraport den Rücken: „Letztlich müssten wir die höheren Entgelte über die Gebühren bezahlen.“ Er forderte die Gewerkschaft auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

Die GdF ergötze sich offensichtlich an ihrer Machtposition, kritisierte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW), Klaus Laepple. Sie müsse schnellstmöglich zur Vernunft kommen. Er verlangte zudem gesetzliche Vorkehrungen, um die Macht kleiner Spartengewerkschaften zurückzudrängen. „Denen ist das Wohl der Passagiere und der deutschen Wirtschaft völlig wurscht“, sagte der Stuttgarter Flughafenchef Georg Fundel.

Die Bundesregierung sieht hingegen keinen Anlass zum Eingreifen. „Die Tarifautonomie ist verfassungsrechtlich geschützt“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Die Vorgänge im Tarifkonflikt würden beobachtet. Es obliege aber nicht der Regierung zu beurteilen, „ob eine Streikmaßnahme oder ob Forderungen einzelner Gruppen angemessen sind.“

In der Nacht zum Montag hatte die GdF den Streik auf 48 Stunden verlängert – ursprünglich sollte nur bis zum Dienstagmorgen 5.00 Uhr die Arbeit niedergelegt werden. Nun soll der Ausstand nach GdF-Angaben bis Mittwoch (22.Februar/5.00 Uhr) dauern. Wegen des Nachtflugverbots ist die Betriebszeit in Frankfurt täglich auf 18 Stunden zwischen 05.00 und 23.00 Uhr begrenzt.

Bereits am vergangenen Donnerstag und Freitag hatten die rund 200 Vorfeldmitarbeiter die Arbeit niedergelegt. Fraport will zwar die Forderungen für die Vorfeldlotsen weitgehend erfüllen, nicht aber die Berufsgruppen der Einweiser und der Disponenten ebenfalls aus ihrem Tarifgefüge entlassen. Die geforderte Bezahlung stehe in keinem Verhältnis zu ähnlichen Tätigkeiten auf dem Flughafen, betonte das Unternehmen am Montag erneut. Man müsse aber das gesamte Unternehmen im Blick haben und habe aus diesem Grund auch den Schlichterspruch von Hamburgs Ex-Bürgermeister Ole von Beust abgelehnt. Die GdF hatte danach ihre Forderungen noch verschärft und will nun unter anderem die verlangten Erhöhungen auf einen Schlag.

Flughafen-Streik: Hamburg spürt Auswirkungen

Bereits am vergangenen Donnerstag und Freitag hatten die rund 200 Vorfeldmitarbeiter die Arbeit niedergelegt. Allein am Freitag waren dadurch 301 Flüge ausgefallen. Der Streik am Frankfurter Flughafen ist weiterhin auch in Hamburg spürbar. Am Montag wurden 13 Flüge gestrichen, davon sieben nach Hamburg und sechs nach Frankfurt. Auf der Strecke seien am Montag regulär 15 Ankünfte und Abflüge geplant gewesen, sagte eine Sprecherin des Hamburger Flughafens. Auf der Internetseite des Flughafens sind bereits für Dienstag zwölf Flüge zwischen Hamburg und Frankfurt gestrichen. Auf der Seite airport.de können sich Reisende auch über den genauen Stand informieren.

Aus dem Flugzeug ins Bahnabteil

Bahn statt Flieger: Während auf dem Vorfeld gestreikt wird, haben im Terminal des Frankfurter Flughafens gelb gekleidete Informationslotsen die Kontrolle übernommen. Mit ihren bunten Westen leiten sie Reisende aus den Abfertigungshallen in den Fernbahnhof des Airports. Am Montagmittag hält sich der Betrieb an den Gleisen in Grenzen. „Heute Morgen waren die Bahnsteige aber ganz schön voll“, sagt ein Bahnmitarbeiter. Vor allem in die Züge nach Dresden, Hamburg und Bremen stiegen zahlreiche Reisende ein.

Viele Passagiere sind auf den Streik der Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) vorbereitet – und extra früh aufgestanden: Eine Frau mit Koffer in der Hand erzählt, dass sie eigentlich von Hamburg aus mit dem Flieger kommen wollte. Aber dann fuhr sie doch schon am Abend zum Flughafen, tauschte Flugticket gegen Bahnkarte und nahm den Zug um 05.00 Uhr. „Dann bin ich eben um drei anstatt um sieben aufgestanden“, sagt sie. Bei der Umbuchung hatte sie keine Probleme. Am Mittag geht ihr Flug nach Mexiko: „Das geht nicht mit der Bahn.“

Im Durchgang von den Terminals zum Bahnhof ist viel Betrieb, hier arbeitet Abbas Akbari in einer Bäckerei. In den letzten Tagen habe er 30 bis 40 Prozent mehr Umsatz gemacht als sonst, erzählt er. Aber seine Gäste sind nicht gut drauf. „Geschäftlich ist der Streik kein Nachteil, dafür aber menschlich. Die Leute, die hier vorbeikommen, sind schlecht gelaunt – das ist ärgerlich“, sagt er.

Ein vollgepackter Gepäckwagen rollt vorbei. Zwei deutsche Auswanderer haben Florida wieder den Rücken gekehrt und wollen zurück nach Franken. „Der Service war eigentlich gut“, loben sie die Organisation der Lufthansa. Sie hätten gleich nach der Landung ihren Fahrschein erhalten und seien zum Bahnhof geleitet worden. Nur das viele Gepäck hätten sie lieber erst in Nürnberg wieder aufgeladen. Das richtige Gleis findet der Mann aber nicht sofort: „Ich bin schon seit 25 Jahren nicht mehr mit der Bahn gefahren.“

Auch Walter Dambach aus Heilbronn will umsteigen. Braun gebrannt und erholt schiebt er den leeren Gepäckwagen vorbei. Sein Wanderurlaub in Buenos Aires findet ein ungewöhnliches Ende: Fünf Stunden müsste er mit seinem Begleiter auf den nächsten Flug nach Stuttgart warten. „Das dauert uns zu lang“, sagt er. Deshalb wollen sie ihre Koffer holen und mit der Bahn oder dem Taxi weiterreisen. Der Bahnfahrschein werde von der Fluggesellschaft übernommen, sagt Dambach. Die Taxifahrt wohl eher nicht.