Budapest hat sich nicht an die EU-Vorgaben gehalten – Entzug der EU-Stimmrechte droht. Entwarnung für Belgien, Zypern, Malta und Polen.
Brüssel. Brüssel erhöht den Druck auf Ungarn und nimmt das von der Staatspleite bedrohte Land außer wegen seiner umstrittenen Gesetzesänderungen jetzt auch noch wegen mangelnder Sparanstrengungen ins Visier. In der kommenden Woche will die EU-Kommission darüber entscheiden, ob sie wegen der umstrittenen Verfassungsreform ein Vertragsverletzungsverfahren gegen das Land einleitet, das in letzter Konsequenz zu einem Entzug der Stimmrechte in der EU führen könnte.
Am Mittwoch bekräftigte eine Kommissionssprecherin noch einmal ernsthafte Bedenken, dass mit den neuen Gesetzen zu Datenschutz, Justiz sowie der Unabhängigkeit der ungarischen Zentralbank Werte wie Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Grundrechten gewahrt bleiben. Bevor die EU gegen Ungarn vorgehen will, will sie zunächst aber die Ergebnisse einer juristischen Prüfung abwarten, die in den nächsten Tagen erwartet werden.
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Die Kommission sei entschlossen, ihre Rechte voll und ganz auszuschöpfen, betonte die Sprecherin. Man hoffe aber immer noch auf ein Einlenken der Ungarn. „Der Ball liegt jetzt in der ungarischen Spielhälfte.“
Auch finanzpolitisch bekommt Ungarn Druck. Zwar sind nach positiven Signalen aus Budapest wieder informelle Gespräche mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Union geplant, in denen auch eine mögliche Aufnahme offizieller Gespräche über Finanzhilfen thematisiert werden sollen. Doch nun droht den Ungarn neues Ungemach.
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Als einziges von fünf Ländern, an die Brüssel zum Jahresende Mahnbriefe versandte, weil diese ihre angekündigten Haushaltsziele nicht einzuhalten drohten, muss Ungarn nun Konsequenzen fürchten, die letztlich dazu führen könnten, dass Zahlungen der EU an das Land ausgesetzt werden.
Während Belgien, Zypern, Malta und Polen Sanktionen durch neue Sparanstrengungen erst einmal abwenden konnten, reichten Brüssel die Maßnahmen der Ungarn nicht aus. Brüssel fordert nachhaltige Konsolidierung und ist nicht damit zufrieden, dass das Land nur mit Einmalmaßnahmen und Bilanzschachzügen die Brüssler Vorgaben einhält.
Zwar sei das übermäßige Defizit nicht neu und nicht nur von der derzeitigen Regierung zu verantworten, betonte EU-Währungskommissar Oli Rehn. Doch Verträge seien einzuhalten.
Ungarn bricht bereits seit Jahren die Defizitgrenze von drei Prozent. Die Einleitung eines Defizitverfahrens wurde jedoch wiederholt verschoben. Nun will die Kommission – den neuen Stabilitätspakt im Rücken – Ernst machen. Nach den neuen Regeln des sogenannten Sixpacks können die Minister der Mitgliedsländer auf Vorschlag der Kommission nun feststellen, dass Ungarn keine ausreichenden Anstrengungen unternommen hat, um die Verschuldung unter die Drei-Prozent-Marke zu bringen. Die Kommission kann daraufhin Sparvorschläge vorlegen.
Direkte finanzielle Sanktionen muss Ungarn, da es nicht der Eurozone angehört, allerdings nicht befürchten. Sollte sich das Land nicht bewegen, hat die Kommission jedoch die Möglichkeit, Zahlungen des Kohäsionsfonds auszusetzen. (dapd/abendblatt.de)