Der Forint ist auf Rekordtief. Anleihe-Auktion erweist sich als Fehlschlag. Ungarn beharrt im Streit um Notenbankgesetz auf seiner Position.

Budapest. Das klamme Ungarn gerät an den Märkten immer stärker unter Druck und setzt trotz eines Konflikts mit EU und IWF auf rasche Milliardenspritzen. Der Chefunterhändler für die Gespräche mit den potenziellen Geldgebern, Tamas Fellegi, sagte am Donnerstag, sein Land wisse um den Ernst der Lage. Er wolle „so rasch wie möglich“ eine Übereinkunft. Für Ungarn drängt die Zeit, da sich die Talfahrt der Landeswährung rasant fortsetzt. Wegen der geringen Kreditwürdigkeit des Landes sind zudem die Kosten am Kapitalmarkt kaum mehr zu schultern. Sollte Ungarn sich nicht mehr über die Märkte refinanzieren können, droht dem Land ohne Hilfe von außen binnen Monaten die Pleite. Dennoch verhärteten sich die Fronten im Streit zwischen der EU und Ungarn um ein umstrittenes Notenbankgesetz, das als größte Hürde für die Freigabe von Hilfsgelder gilt.

Selbst für einjährige Bonds werden mittlerweile happige Zinsen von fast zehn Prozent fällig. Die Schuldenagentur bemühte sich um Schadensbegrenzung und setzte das Zuteilungsvolumen einer ohnehin nur lau nachgefragten Anleihe kurzerhand herab. Der Käuferstreik bei der Auktion gilt als deutliches Warnzeichen, dass das Land bei den Investoren immer mehr Kredit verspielt. Gleichzeitig stiegen die Kosten für die Absicherung ungarischer Staatsanleihen per Credit Default Swaps (CDS) auf einen neuen Höchstwert.

Die Regierung beharrte unterdessen im Streit mit der EU in Sachen Notenbankgesetz auf ihrer Position: In einem Brief an EZB-Chef Mario Draghi versicherte Wirtschaftsminister György Matolcsy, die Unabhängigkeit der Notenbank werde durch das neue Gesetz nicht verletzt, in dem bereits Bedenken der EZB berücksichtigt worden seien. Ungarn sei zwar bereit, über eventuell noch offene Fragen zu reden, doch stehe das am 1. Januar in Kraft getretene Gesetz „völlig im Einklang mit EU-Recht“. Die EU-Kommission sieht dies völlig anders. Sie hat die von Ministerpräsident Viktor Orban angestoßenen Verfassungsänderungen und die damit verbundenen neue Gesetze scharf als Verstoß gegen EU-Recht gerügt. Nicht nur die Unabhängigkeit der Notenbank, sondern auch von Richtern, Medien und der Datenschutzbehörde ist nach Befürchtung der EU in Gefahr. Die Kommission prüft sogar, ob sie Ungarn zu einer Korrektur der Gesetze über Vertragsverletzungsverfahren zwingen kann.

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Bereits in der kommenden Woche will Chefunterhändler Fellegi zum IWF nach Washington reisen und noch diesen Monat in Brüssel vorsprechen, um die dringend benötigten Finanzmittel loszueisen. Weder die EU noch der IWF seien aber bereit, die Gespräche über die Ende November erbetene Finanzhilfe fortzusetzen, solange die politische Unabhängigkeit der Notenbank nicht gesichert sei, bekräftigte ein EU-Sprecher in Brüssel. Bei den Treffen mit Fellegi werde nicht über die Kredithilfen gesprochen. Die EU argumentiert, dass sie sich als Geldgeber nicht auf den Werterhalt der Kredite an Ungarn verlassen kann, wenn die Zentralbank nicht unabhängig von politischen Weisungen für Preisstabilität sorgen kann.

Ungarn war bereits 2008 mit Notkrediten über 20 Milliarden Euro von EU und Internationalen Währungsfonds (IWF) über Wasser gehalten worden. Nun hofft die Regierung in Budapest auf Hilfen in ähnlicher Größenordnung. Ohne frisches Geld von Investoren dürfte die Regierung nur noch wenige Monate über die Runden kommen: So lagerten im November über 1,5 Billionen Forint (rund 6 Milliarden Dollar) an Regierungsbeständen bei der Notenbank. Zudem könnte die Regierung noch rund 600 Milliarden Forint aus anderen Quellen flüssigmachen – etwa durch den Verkauf der Staatsbeteiligung an dem Öl- und Gaskonzern MOL. (Reuters/abendblatt.de)