Der Schuldenstaat wird zur Belastungsprobe für den Euro. Die Gemeinschaftswährung notiert auf dem tiefsten Stand seit einem Jahr.
Berlin. Die Abwertung der Kreditwürdigkeit von Griechenland und Portugal sowie die zögerliche Haltung der Bundesregierung zu den Griechen-Hilfen haben den Euro und die Börsen auf Talfahrt geschickt. Der Euro notierte Mittwochnacht in Fernost auf den tiefsten Stand seit einem Jahr. Bis auf 1,3144 Dollar fiel die europäische Gemeinschaftswährung auf der Handelsplattform EBS. Zuletzt notierte der Euro bei 1,3198 Dollar - nach 1,3154 Dollar im späten Handel in New York.
Zum Yen notierte der Euro bei 123,12 Yen. Der Dollar lag bei 93,21 Yen nach 93,07 Yen im späten US-Handel. Der Schweizer Franken notierte bei 1,0849 Franken je Dollar und 1,4329 Franken je Euro.
Dossier: Die Finanzkrise in Griechenland
Die Griechenland-Panik zeigte sich nicht nur an den Devisenmärkten. Nach anfänglich moderaten Verlusten ging es auch an der Wall Street kräftig bergab. Alle Indizes fielen rund zwei Prozent. Zudem machten Ängste vor einer strengen Finanzmarktreform der Bankenbranche zu schaffen. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte verlor bis zum Schluss 1,9 Prozent auf 10.992 Punkte. Im Handelsverlauf bewegte sich das Marktbarometer zwischen 10.973 und 11.219 Stellen. Der breiter gefasste S&P-500 gab 2,3 Prozent auf 1184 Zähler nach. Der Index der Technologiebörse Nasdaq fiel um zwei Prozent auf 2471 Stellen.
Der Nikkei-Index der 225 führenden Werte rutschte um 2,47 Prozent auf 10.935 Punkte ab. Der breiter gefasste Topix-Index verzeichnete ein Minus von zwei Prozent auf 977 Zähler.
Für die drastischen Verluste an den Märkten ist neben der Abwertung der Bonität auch das Eingeständnis der griechischen Regierung, kein Geld mehr aufnehmen zu können verantwortlich. Der Zugang zu den Märkten sei „unmöglich“, sagte Griechenlands Finanzminister Giorgos Papakonstantinou. Die Ratingagentur Standard & Poor's senkte die Bewertung der griechischen Staatsanleihen um drei Noten auf BB+. In diesem Fall geht die Ratingagentur davon aus, dass der Schuldner im Schnitt nur 30 bis 50 Prozent der Verbindlichkeiten begleichen werde.
Und die Zeit drängt: Die Hilfen der Euro-Staaten und des Internationalen Währungsfonds (IWF) müssten daher bis zum 19. Mai bereit stehen, sagte Papakonstantinou. Bis zu diesem Datum muss die griechische Regierung neue Schulden aufnehmen, um alte Verbindlichkeiten zu bezahlen. Es war das erste Mal, dass Athen offiziell erklärte, keine neuen Kredite mehr aufnehmen zu können.
Scheinbar hat auch die Bundesregierung den Ernst der Lage inzwischen klar erkannt. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte noch am Dienstagabend den Griechen ausdrücklich eine Unterstützung durch die Euro-Partner zu. „Es muss uns jetzt darum gehen, das Hilfspaket, das wir am 11. April in der Eurogruppe formuliert haben, zu konkretisieren und umzusetzen und damit ein klares Signal zu senden, dass wir Griechenland nicht fallen lassen“, sagte Schäuble dem „Handelsblatt“.
Gleichzeitig wandte er sich gegen Forderungen aus allen Bundestagsfraktionen, Banken und andere Gläubiger an dem Hilfspaket zu beteiligen. „Lassen Sie es mich ganz deutlich sagen: Es geht nicht um Umschuldung, das ist kein Thema, und davon redet auch niemand, der in der Regierung ein Amt hat“, sagte der Finanzminister.
Zwar äußerte Schäuble Verständnis für den Wunsch vieler Abgeordneter, die Banken an der Hilfe für Griechenland zu beteiligen. Er wisse allerdings nicht, wie man diesen Wunsch umsetzen könne, ohne über Umschuldung zu reden „und damit die Situation weiter zu destabilisieren“, sagte er der Zeitung. Deshalb sei die Umschuldung in den Verhandlungen von Internationalem Währungsfonds (IWF), der EU-Kommission und der Europäischen Zentralbank mit der griechischen Regierung „nicht Thema“.
Gleichzeitig wies der Finanzminister Vorwürfe gegen die Bundesregierung zurück, sie verzögere die Auszahlung der Hilfskredite: „Wir drängen auf schnelle Entscheidungen“, sagte Schäuble der Zeitung. Nach den Vorstellungen der Bundesregierung solle das IWF-Hilfsprogramm am Wochenende vorliegen. Am Montag könne das Kabinett den entsprechenden Beschluss fassen, der Bundestag sodann beraten. „Eventuell erreichen wir sogar noch am 7. Mai den Bundesrat“, sagte Schäuble. Damit könnten die notwendigen Hilfen rechtzeitig vor dem 19. Mai in Kraft treten. Die Länderkammer kann das Gesetz nicht verhindern. Sie könnte allerdings das Verfahren verzögern, sagte der Minister.