Airlines, Reiseveranstalter, Maschinenbau: Allein die deutsche Wirtschaft kostet der Vulkanausbruch in Island täglich eine Milliarde Euro.

Berlin. Die Asche-Wolke aus Island trifft die weltweiten Fluggesellschaften nach Einschätzung des internationalen Luftfahrtverbandes (IATA) härter als die Anschläge vom 11. September 2001 in den USA. Die Verluste der Airlines erreichten wegen der anhaltenden Flugausfälle inzwischen 250 Millionen Dollar pro Tag, sagte IATA-Chef Giovanni Bisignani am Montag. Er warf den europäischen Regierungen eine unangemessene Reaktion vor. Die Entscheidungen zur Schließung der Flughäfen und Sperrung der Lufträume basierten lediglich auf theoretischen Modellen und nicht auf Fakten. „Wir müssen von diesen Pauschal-Schließungen wegkommen und Wege zur flexiblen Öffnung des Luftraums finden, Schritt für Schritt“, forderte Bisignani und rief zu einem Treffen der UN-Luftfahrtbehörde ICAO auf.

Europas größten Reiseveranstalter TUI Travel haben die Flugausfälle bislang 20 Millionen Pfund gekostet. Täglich kämen Kosten von fünf bis sechs Millionen Pfund hinzu, teilte das Unternehmen, an dem die TUI AG mit 43 Prozent beteiligt ist, mit. Rund 100.000 Kunden hätten wegen des weitgehenden Flugverbots über Europa die Heimreise nicht antreten können.

Nach Schätzung des Deutschen Industrie- und Handelskammertags belastet der Flugausfall allein die deutsche Volkswirtschaft mit einer Milliarde Euro Umsatzausfall pro Tag. Wegen des Flugausfalls würden Fluggesellschaften, Flughafenbetreiber, Tourismusunternehmen und zum Teil die Industrie keine Geschäfte im gewohnten Umfang machen können, sagte DIHK-Chefvolkswirt Volker Treier. Per Flugzeug würden Ersatzteile für Maschinen und Anlagen deutscher Hersteller transportiert. Auch viele Medikamente würden per Luftfracht geliefert. „Dringliche, verderbliche oder höherwertige Ware“ könne eben nicht einfach per Lkw oder Schiff statt mit dem Flugzeug zum Kunden gebracht werden.

Wertmäßig 35 bis 40 Prozent des internationalen Handels würden per Luftfracht abgewickelt, sagte Treier. Auf den stark exportabhängigen deutschen Handel bezogen, der 1000 Milliarden Euro im Jahr ausmache, bedeute dies 350 Milliarden Euro – pro Tag also rund eine Milliarde Euro. Zwar gebe es auch „kompensierende Faktoren“ und viele Geschäfte könnten nachgeholt werden, „aber nicht zu hundert Prozent“. Die Auswirkungen des Flugverbotes würden, je länger es andauere, „desto schlimmer“.

Vor diesem Hintergrund versuchen Bundesregierung und Wirtschaft nun, die ökonomischen Schäden möglichst gering zu halten. Dazu vereinbarten Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) und BDI-Präsident Hans-Peter Keitel am Rande der Hannover Messe die sofortige Einsetzung einer Arbeitsgruppe. Die „task force“ solle am Montagnachmittag in Berlin zum ersten Mal zusammen kommen, sagte Keitel am Montag in Hannover. Teilnehmen sollten Unternehmen wie Lufthansa und Air Berlin, Wirtschaftsverbände sowie Vertreter der Politik.

Nur für die Versorgung der Verbraucher mit Lebensmitteln hat die Asche-Wolke zunächst nur minimale Auswirkungen. Deutschlands größter Handelskonzern Metro etwa beschaffe bis zu 90 Prozent seiner Waren für den deutschen Markt auch in Deutschland, sagte ein Sprecher des Konzerns in Düsseldorf. Andere Waren würden vorwiegend per Lkw transportiert. Lediglich Spezialitäten aus Fernost würden per Flugzeug angeliefert. Hier könne das Unternehmen aber in der Regel auf große Lagerbestände zurückgreifen. „Die Aschewolke ist derzeit kein Thema für uns“, sagte der Sprecher. Metro betreibt in Deutschland die Abhol-Großhandelsmärkte Cash und Carry.

Auch Deutschlands größter Lebensmittelhändler Edeka spürt bislang keine Auswirkungen der Aschewolke, wie ein Unternehmensprecher in Hamburg sagte. Der allergrößte Teil der Waren komme auf dem Landwege, exotische Früchte wie Papaya oder Mango würden im Container per Schiff angeliefert. Flugware mache einen „verschwindend geringen Anteil“ am Angebot aus. „Es kann sein, dass 'mal ein exotischer Fisch im Frischfischangebot fehlt“, sagte der Sprecher. Das wäre bei der „reichhaltigen Auswahl“ für den Verbraucher aber kaum spürbar. „Bei uns ist alles beim Alten“, sagte er.