Die US- Börsenaufsicht verklagt mit Goldman Sachs eines der mächtigsten Häuser der Wall Street wegen dubioser Finanzgeschäfte.

Washington/New York. Seit Monaten diskutierten die Regierungen der Welt darüber, wie sie der Finanzindustrie Einhalt gebieten können, um eine neue Finanzkrise zu verhindern. Die US- Börsenaufsicht SEC lässt nun Taten sprechen. Sie verklagt mit Goldman Sachs eines der mächtigsten Häuser der Wall Street wegen dubioser Finanzgeschäfte. Das beherzte Einschreiten schickt Schockwellen rund um die Welt. Kein Banker kann sich mehr sicher sein, dass er mit windigen Transaktionen ungeschoren davonkommt.

Der Vorwurf trifft die von Vertrauen lebende Bankbranche ins Mark: Goldman Sachs soll seine Anleger um mehr als eine Milliarde Dollar gebracht haben, weil die Investmentbank sie zum Kauf eines Finanzprodukts animierte, das von vornherein zum Scheitern verurteilt war. Denn ein großer Hedgefonds wirkte nach Erkenntnissen der SEC hinter den Kulissen am Aufbau mit – und wettete insgeheim auf einen Fehlschlag. Einer der Betrogenen ist demnach die deutsche Mittelstandsbank IKB, die Mitte 2007 nur durch staatliche Hilfe vor dem Zusammenbruch gerettet werden konnte.

Die SEC stößt mit ihrer Klage tief zu den Ursachen der Finanzkrise vor. Viele Banken weltweit hatten sich mit kompliziert konstruierten Finanzprodukten verspekuliert. Sie alle hatten darauf gesetzt, dass der Häuserboom in den USA anhält. Doch der Wert der Immobilien stieg nicht immer weiter, sondern die Blase platzte. Die Kreditzinsen stiegen, viele Hausbesitzer konnten ihre Raten nicht mehr zahlen, der Geldfluss versiegte. Einige Institute wie Goldman Sachs erkannten die Gefahr rechtzeitig – und ließen, so der Vorwurf der SEC, die anderen Anleger ins offene Messer rennen.

„Die SEC lässt nicht locker, das Verhalten der Investmentbanken und anderer zu untersuchen, die in die Verbriefung komplexer Finanzprodukte im Zusammenhang mit dem US-Häusermarkt eingebunden waren“, drohte am Freitag unverhohlen der SEC-Verantwortliche Kenneth Lench. Nun kocht die Sorge an den weltweiten Finanzplätzen hoch, dass auch andere Banken wegen ihrer Geschäfte zur Rechenschaft gezogen werden.

Weltweit fielen die Aktienkurse. Goldman Sachs büßte in der Spitze fast 16 Prozent ein. Alle Märkte, in denen die US-Investmentbank mitmischt, gerieten unter Druck: Der Goldpreis bröckelte, Rohstoffe wie Öl verbilligten sich, Anleihen nahmen Schaden. Die einflussreiche amerikanische Finanz-Nachrichtenagentur Bloomberg nannte es eines „Bombe“, die die SEC da gezündet habe. Die Auswirkungen waren bis nach Europa spürbar: Die Titel der ebenfalls im Investmentbanking umtriebigen Deutschen Bank verloren fast 8 Prozent.

Goldman Sachs wies die Vorwürfe zurück: Sie seien haltlos und die Bank werde sich energisch dagegen zur Wehr setzen. Doch erst einmal ist der Schaden da. Schon ziehen erste Beobachter Verbindungen zu Bernard Madoff, der den größten Betrug in der Geschichte der Wall Street einfädelte, seine Anleger um Dutzende Milliarden Dollar brachte und nun für 150 Jahre hinter Gittern sitzt.

Für die SEC ist die Klage gegen Goldman Sachs so etwas wie ein Befreiungsschlag. Der Behörde war häufig vorgeworfen worden, zu lasch mit der Finanzgemeinde umgegangen zu sein. Die neue SEC-Chefin Mary Shapiro fährt seit einiger Zeit einen härteren Kurs. Auf ihre Untergebenen scheint das abzufärben. Abteilungsleiter Kenneth Lench ließ sich im Fall Goldman Sachs zu dem Satz hinreißen: „Das Produkt war neu und komplex, aber der Betrug und die Konflikte sind alt und simpel.“