Deutschland und Frankreich übernehmen die Führung bei der europäischen Finanzhilfe für das vom Staatsbankrott bedrohte Griechenland. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy leiten die Beratungen – und haben schon einmal Details des Rettungsplans festgelegt.

Zwei Stunden vor dem offiziellen Beginn des EU-Sondergipfels haben die deutsche Regierungschefin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy den Rettungsplan für Griechenland zu ihrer Chef-Sache gemacht. In Vorberatungen legten sie bereits Details für den Plan fest.

An diesem Gespräch nahmen der griechische Regierungschef Giorgos Papandreou und EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy teil. EU-Diplomaten sagten, Merkel und Sarkozy wollten gemeinsam mit dem Ratspräsidenten die wesentlichen Punkte eines Plans zur Abwendung des griechischen Staatsbankrotts festklopfen.

Dieser solle dann vom EU-Sondergipfel beschlossen werden. Nach Angaben des spanischen Regierungschefs José Luis Rodriguez Zapatero haben sich die EU-Finanzminister bereits auf Kredite der Euro-Staaten für Griechenland geeinigt.

Die Bedrohung der Euro-Stabilität durch das griechische Finanzchaos war Thema eines längeren Arbeitsfrühstücks der EU-Granden. Daran nahmen neben Van Rompuy auch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, EZB-Chef Jean-Claude Trichet, Zapatero und der Vorsitzende der Eurogruppe, Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker, teil.

Dabei herrschte nach Angaben von Diplomaten ebenfalls Einigkeit darüber, dass es „eine europäische Lösung“ geben müsse. Dabei müsse ein Gleichgewicht zwischen den Wünschen Griechenlands und den Interessen der europäischen Partner gefunden werden. Entscheidend sei, dass es „eine glaubwürdige Lösung“ gebe.

Angesichts der sich abzeichnenden Hilfspläne erholte sich der Euro leicht. Am 11. Februar morgens kostete die Gemeinschaftswährung 1,3780 US-Dollar und damit rund einen halben Cent mehr als am späten Vorabend. Ein Dollar war 0,7257 Euro wert.

Analysten der Commerzbank warnten, offensichtlich seien die Märkte nicht gewillt, zur Tagesordnung überzugehen, wenn klar werde, dass Griechenland eine Zahlungsunfähigkeit mit Hilfe anderer Euro-Länder vermeiden könne. Zu viele Unwägbarkeiten seien mit den Hilfen verbunden und weitere Länder wie Spanien und Portugal rückten bereits in den Problemkreis.

Den Verantwortlichen müsse es gelingen, Griechenland so an die Leine zu nehmen, dass die Konsolidierung des Haushalts „notfalls auch erzwungen werden“ könne. „Der Devisenmarkt scheint das den Regierungschefs derzeit nicht so recht zuzutrauen - wohl nicht zu Unrecht“, hieß es in der Stellungnahme der Banker.

Bei einem Treffen der Sozialisten am Vorabend hatte der spanische Ministerpräsident José Luis Rodriguez Zapatero Griechenland die Solidarität der EU zugesichert. Eine koordinierte Aktion sei nötig, und die EU müsse ihre Handlungsfähigkeit unter Beweis stellen. Spanien hat derzeit turnusmäßig die EU-Ratspräsidentschaft inne.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will einem Zeitungsbericht zufolge bis 12. Februar eine europäisch abgestimmte Lösung zu den möglichen Hilfsmaßnahmen für Griechenland erreichen. Das habe Schäuble im Gespräch mit der Spitze der Unions-Bundestagsfraktion angekündigt, berichtete die in Düsseldorf erscheinende „Rheinische Post“.

Wie hoch die finanziellen Belastungen für Deutschland sein könnten, könne man nicht seriös beziffern. Es gebe „kein Muster“ für diese Situation, wurde Schäuble zitiert. Erste Gespräche über bilaterale Hilfen für Griechenland seien etwa mit Frankreich, Finnland und Österreich geführt worden.

Vor dem EU-Gipfel zur Schuldenkrise in Griechenland bat der griechische Regierungschef Giorgos Papandreou die Mitgliedstaaten noch einmal eindringlich um Hilfe. Athen benötige die „psychologische und politische Unterstützung Europas“, sagte Papandreou in einem Gespräch mit der Tageszeitung „Le Monde“, das online veröffentlicht wurde.

Er erwarte, dass die EU für die Umsetzung des griechischen Sparprogramms bürge. Hilfen des Internationalen Währungsfonds (IWF) lehnte Papandreou erneut ab.

Die EU-Finanzminister hatten sich am Vorabend des Gipfels schon grundsätzlich auf Finanzhilfen für das hoch verschuldete Griechenland verständigt, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters. Dabei werde die EU „entschlossen und koordiniert“ vorgehen, habe es in EU-Regierungskreisen unmittelbar vor einem EU-Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs in Brüssel geheißen.

Die Hilfen erforderten aber zusätzliche Sparanstrengungen der Regierung in Athen. Auf Gelder des Internationalen Währungsfonds solle nicht zurückgegriffen werden, wohl aber auf die Fachkenntnis des IWF. Die EU-Kommission solle das Hilfspaket ausarbeiten und abstimmen. Eine Einmischung des IWF sieht die griechische Regierung skeptisch.

Es sei noch offen, wie die Hilfe organisiert werde, aber er gehe davon aus, dass es dabei eine Zusammenarbeit zwischen den EU-Mitgliedern und dem IWF geben, sagte Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann dem Radiosender ORF. Es gehe nicht um Zahlungen oder Subventionen. Man rede über Kredite, auf die Zinsen gezahlt würden.

Damit sollen laut dem österreichischen Politiker Irritationen an den Finanzmärkten vermieden werden. Es sei wichtig für die EU zu verhindern, dass die griechische Krise auf andere Länder in der Gemeinschaft übergreife.

In Griechenland lief am Tag des EU-Gipfels die Streikwelle gegen die Sparpläne der Regierung weiter. Nach den Beamten legten die rund 30.000 Taxifahrer des Landes für 24 Stunden die Arbeit nieder. Die Athener Taxigewerkschaft SATA teilte mit, die Pläne der Regierung würden „eine Reihe neuer Probleme“ schaffen. Im Kampf gegen die weit verbreitete Steuerhinterziehung sollen Taxifahrer künftig jede Fahrt genau abrechnen.

Quelle: Welt Online