Griechenland scheint nur der Anfang zu sein. Die Indizien mehren sich, dass auch Portugal in den Abwärtstrudel aus hoher Staatsverschuldung und steigenden Zinsen gerät.

„Saudade“ ist das beherrschende Wort in den portugiesischen Liedern des Fado, dem bekanntesten Musikstil des Landes. Mit Sehnsucht könnte man dies übersetzen, Sehnsucht nach vergangenen, besseren Zeiten, überdeckt von Traurigkeit und Weltschmerz. Und dieser Tage klingt der Fado zwischen Lissabon und Coimbra besonders aktuell.

Denn die guten wirtschaftlichen Zeiten Portugals sind vorbei. Das Land stöhnt unter den Folgen der Finanzkrise und seinen hohen Schulden. Im vergangenen Jahr betrug das Haushaltsdefizit 9,3 Prozent – erlaubt sind dem Maastricht-Vertrag zufolge nur drei Prozent. Die Gesamtverschuldung des Staates, die 2007 noch bei 63 Prozent des Bruttoinlandsproduktes lag, wird bis 2011 auf über 90 Prozent explodieren. Und die Finanzmärkte glauben immer weniger, dass sich das Land aus eigenen Kräften aus der Schuldenfalle befreien kann. Als die Regierung in dieser Woche neues Geld am Kapitalmarkt aufnehmen wollte, erhielt sie die Mittel nur noch, indem sie den Investoren deutlich bessere Konditionen bot als noch bei der vorigen Emission. Die Aufschläge auf portugiesische Anleihen im Vergleich zu den deutschen Bundesanleihen stiegen auf ein Rekordniveau.

Während der deutsche Staat für Anleihen mit zehnjähriger Laufzeit derzeit nur rund 3,1 Prozent Zinsen bezahlt, muss Portugal 4,6 Prozent versprechen – Tendenz steigend. Damit tritt Portugal in die Fußstapfen Griechenlands. Dort betragen die Aufschläge gegenüber Bundesanleihen zwar bereits rund 3,5 Prozentpunkte.

Doch der südwestliche Außenposten der Eurozone ist auf dem besten Wege dem südöstlichen zu folgen. Und Spanien könnte eventuell ähnliches blühen. Gemeinsam mit Irland, dessen Staatsfinanzen ebenfalls reichlich zerrüttet sind, werden diese Staaten am Finanzmarkt inzwischen als die PIGS bezeichnet, abgeleitet von ihren Anfangsbuchstaben.

Säuen soll man bekanntlich keine Perlen vorwerfen, respektive kein gutes Anlegergeld. Im Falle der Staatsanleihen der südlichen Euroländer gibt es inzwischen aber auch eine Reihe von Experten, die das anders sehen. So sind für Michael Rottmann von der Unicredit die Aufschläge für griechische Papiere jenseits von Gut und Böse. Daher gelte: „Wer an das Überleben Griechenlands ohne Kreditausfall glaubt, sieht sich mit exzellenten Ertragsperspektiven konfrontiert.“ In diesem Fall seien die Anleihen sogar nicht nur eine Beimischung wert, „sondern ein uneingeschränkter Kauf“.

Ähnlich argumentiert Andreas Riegler, stellvertretender Anleihen-Chef bei Raiffeisen Capital Management. „Wir haben an der Neuemission griechischer Staatsanleihen der vorvergangenen Woche teilgenommen“, sagt er. Sprich: Er hat die Papiere gekauft. „Wer nicht an eine Pleite von Griechenland glaubt, der kann damit derzeit eine gute Rendite erzielen.“ Und auch er glaubt: „Das Land wird nicht fallen gelassen werden.“

Ein wichtiges Argument dabei ist die Tatsache, dass der Großteil der griechischen Anleihen im Gesamtumfang von rund 290 Mrd. Euro nicht bei inländischen Anlegern im Portfolio liegt, sondern bei Investoren in Westeuropa, vor allem auch bei Banken. Sie wären es damit, die am stärksten von einer Pleite unter der Akropolis betroffen wären. Dies dürfte es den Regierungen der Euro-Partner in jedem Fall sehr schwer machen, Griechenland im Stich zu lassen. Und nicht viel anders sieht es im Falle Portugals aus.

Insofern klingen die 6,6 Prozent Rendite äußerst attraktiv, die griechische Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit derzeit bieten, gerade auch im Vergleich zu den mageren Zinsen, die es für deutsche Titel gibt. Und auch 4,6 Prozent für portugiesische Papiere scheinen interessant. „Allerdings müssen Anleger auch mit einer hohen Volatilität leben können“, warnt Riegler. Die Renditen für griechische oder portugiesische Anleihen könnten durchaus noch weiter steigen, und damit dann deren Kurse fallen.

Denn die kommenden Wochen könnten noch stürmisch werden, und im April und Mai dürfte sogar erst der Höhepunkt folgen. Denn dann muss alleine Griechenland auslaufende Staatsanleihen und Zinsen im Wert von 23 Mrd. Euro bedienen – ein Vielfaches dessen, was im Februar und März fällig wird. Und da die Kassen leer sind, funktioniert dies nur, wenn der Staat dieses Geld gleichzeitig wieder am Kapitalmarkt aufnehmen kann. Gelingt dies nicht, verweigern sich also die Investoren, so kann das Land seine Schulden nicht mehr bedienen – es wäre zahlungsunfähig. Das wäre dann der Fall, den bisher die meisten für unwahrscheinlich halten.

Die Pleitegefahr bleibt also. Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, rät daher nicht-spekulativen Anlegern auch weiterhin davon ab, auf griechische oder portugiesische Anleihen zu setzen. Wer jedoch das Risiko eingehen will, kann sich auf verschiedenen Internetseiten die passende Anleihe raussuchen, beispielsweise unter www.boerse-stuttgart.de oder www.baader-markets.de/DEU/anleihen. Hier gibt es umfangreiche Werkzeuge, mit denen sich die Wertpapiere sortieren lassen, nach Laufzeit, nach Rendite, nach Rating.

Anleger sollten dabei insbesondere auch auf die Liquidität achten, also die Handelbarkeit. Bei vielen Anleihen ist diese nämlich oft eingeschränkt, so dass hohe Abschläge bezahlt werden müssen, wenn die Papiere wieder verkauft werden.

Quelle: Welt Online