Der Energiekonzern Dong baut doch kein Kohlekraftwerk in Lubmin. Angeblicher Grund: Mangelnde Unterstützung der Politik.
Lubmin. Der dänische Konzern Dong Energy hat seine Pläne für das umstrittene Kohlekraftwerk in Lubmin gestoppt. Dong sei nicht mehr davon überzeugt, dass das Projekt den erforderlichen politischen Rückhalt in der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns genießt, teilte das Unternehmen mit. Hinzu komme, dass sich das Genehmigungsverfahren seit Einreichung des ersten Projektantrags vor drei Jahren sehr in die Länge gezogen habe. Aussicht auf baldige Klärung bestehe nicht, hieß es.
Dong wollte in Lubmin ein 1600-Megawatt-Steinkohlekraftwerk errichten. Doch viele waren skeptisch: Umweltverbände und auch die SPD in Mecklenburg-Vorpommern, die den Ministerpräsidenten stellt, nahmen eine skeptische Haltung ein. Tourismusunternehmen in der Region sorgten sich um ihre Zukunft. In der Nähe liegt Deutschlands größte Ferieninsel Rügen.
Die Reaktionen auf die Entscheidung von Dong fielen unterschiedlich aus.
Der BUND-Naturschutzreferent Arndt Müller sagte auf dem Weg zum Umweltgipfel in Kopenhagen: „Ich bin absolut glücklich.“ Mit der Entscheidung des Konzerns gehe eine dreijährige Arbeitsphase zu Ende: „Wir haben nächtelang Stellungnahmen und Gutachten geschrieben, um den Behörden Argumente in die Hand zu geben.“ In Kopenhagen wollten etwa 100 Umweltaktivisten aus Mecklenburg-Vorpommern gemeinsam mit den rund 50 Klimapiraten, die per Segelschiff anreisen, am Montag vor dem Konzernsitz von Dong gegen den Kraftwerksbau protestieren.
Sicherlich hätten die Proteste, die Arbeit der Bürgerinitiative gegen das Kraftwerk, die Arbeit der Umweltverbände und deren angekündigte Klage gegen das Steinkohlekraftwerk dazu beigetragen, meinte Müller. Auch dass Dong nicht die 180 Millionen Euro Förderung für ein EU- Pilotprojekt zur Abscheidung des klimaschädlichen Kohlendioxids erhalte, habe vermutlich die Entscheidung beeinflusst. Die Mittel gehen an das Demonstrationskraftwerk von Vattenfall Europe in Jänschwalde (Brandenburg).
Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) zeigte sich kaum überrascht . „Dong hat das Verfahren zuletzt immer zögerlicher betrieben“, erklärte Sellering. „Das mag damit zusammenhängen, dass nach wie vor nicht geklärt ist, welche Auswirkungen die enormen Abwärmemengen auf den an dieser Stelle sehr flachen Bodden und damit auf unsere angrenzenden Kur- und Badeorte haben.“ Dong habe sich offenbar nicht in der Lage gesehen, den Beweis für die Genehmigungsfähigkeit zu erbringen.
Der Ministerpräsident wies die Aussagen in der Pressemitteilung von Dong zurück, in denen die Absage an Lubmin mit fehlendem politischem Rückhalt in der Landesregierung begründet wurde. „Es ist die freie Entscheidung von Dong Energy, sich aus dem Kraftwerksprojekt zurückzuziehen“, meinte Sellering. Es sei „völlig unangebracht“, die Verantwortung dafür der Regierung in Schwerin unterzuschieben. „Die Aufgabe der Landesregierung ist es, ein für beide Seiten faires rechtsstaatliches Genehmigungsverfahren sicherzustellen. Das haben wir getan“, betonte der Regierungschef.
Der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Harry Glawe, äußerte sich dagegen enttäuscht. „Die CDU hat das wichtige Investitionsprojekt unterstützt. Dass eine kleine lautstarke Gruppe immer gegen den Kraftwerksbau war, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es für das Investitionsvorhaben eine breite gesellschaftliche Unterstützung aus Bevölkerung, Unternehmerverbänden, Gewerkschaften und Politik gab“, betonte Glawe.
Im Herbst 2006 sei auf Wunsch des Koalitionspartners SPD der Bau moderner Kohlekraftwerke am Standort Lubmin im Koalitionsvertrag verankert worden. Ob eine vermeintlich fehlende politische Unterstützung tatsächlich ausschlaggebend war, bleibt nach den Worten Glawes dahingestellt. „Auf jeden Fall hat der Investitionsstandort Mecklenburg-Vorpommern Schaden gelitten“, fasste Glawe zusammen.