Die Gewerkschaft fürchtet Einsparungen beim Kabinenpersonal. Entstehende Kosten pro Passagier sollen um 40 Prozent sinken.
Hamburg. Mit mehr Niedrigpreis-Angeboten will sich die Lufthansa verlorene Marktanteile von den Billigfliegern zurückholen. "Wir müssen durch günstige Preise zusätzliche Märkte schaffen", sagte der stellvertretende Konzernchef Christoph Franz der "Süddeutschen Zeitung". Er fügte an: "Wir können praktisch auf jeder Strecke auch größere Flugzeuge füllen, Nachfrage ist stimulierbar."
Schon seit vier Jahren bietet die Lufthansa einen Teil der Tickets auf Deutschland- und Europastrecken für 99 Euro an - Hamburg war der Testmarkt hierfür. Man wolle diese Untergrenze zwar nicht absenken, sagte Firmensprecherin Amélie Schwierholz dem Abendblatt. Die neue Strategie könne aber bedeuten, dass mehr dieser 99-Euro-Angebote verfügbar sind.
Um sich der immer heftigeren Konkurrenz durch die Billigflieger besser erwehren zu können, will die Lufthansa will ihr Geschäft auf den Kurz- und Mittelstrecken umkrempeln. So müssten sich die Passagiere darauf einstellen, dass künftig mehr Sitze in die Flugzeuge eingebaut werden, sagte Franz der Zeitung "Die Welt". Damit der Fußraum nicht zu gering wird, will man schmalere Rückenlehnen verwenden. Um Platz für mehr Sitzreihen zu schaffen, könnten auf kurzen Flügen Küchen und Garderoben ausgebaut werden.
Anders als bei den meisten Günstiganbietern soll es aber auch künftig Essen und Getränke an Bord kostenlos geben.
Begleitet werden soll all dies durch einen harten Sparkurs. Die im Konzern bislang übliche Quersubventionierung des Europaverkehrs durch die tendenziell ertragreicheren Langstrecken will Franz beenden. Denn auch dort sind infolge der Wirtschaftskrise immer weniger Kunden bereit, teure Businessclass-Tickets zu buchen - und eine Rückkehr zu den früheren Verhältnissen erwartet der Lufthansa-Vorstand nicht.
Um 40 Prozent sollen nach Unternehmensangaben die Kosten pro Passagier auf den Routen abseits der Drehkreuze wie Frankfurt und München sinken. "20 Prozent sollen größere und damit effizientere Flugzeuge bringen, die anderen 20 Prozent will man über Personalkosten hereinholen", sagte Joachim Müller, Leiter Tarifpolitik bei der Flugbegleitergewerkschaft UFO, dem Abendblatt. Dazu befürchte man unter anderem Einsparungen beim Kabinenpersonal.
"Auf innereuropäischen Strecken arbeitet die Lufthansa aber ohnehin schon an der gesetzlich vorgeschriebenen Untergrenze für die Zahl der Flugbegleiter in den Maschinen", so Müller. "Uns hat der Konzern noch kein schlüssiges Konzept vorgelegt."
Eines steht für Müller außer Frage: "Wenn man die Probleme allein über die Kosten lösen will, kann das Unternehmen nur verlieren." British Airways habe dies versucht und kämpfe trotz eines radikalen Sparkurses nun ums Überleben. "Und ein Billigflieger wie Easyjet ist von der Kostenstruktur her ohnehin nicht einholbar", sagte Müller.
Ähnlich sieht dies Martina Noß, Branchenexpertin bei der Nord/LB: "Die Lufthansa hat ein gänzlich anderes Geschäftsmodell als die Günstiganbieter, die zum Beispiel nicht auf Umsteigeverbindungen setzen." Vorstellbar sei aber, dass der Kranichkonzern künftig mehr Strecken auf den konzerneigenen - und profitablen - Billigflieger Germanwings verlagere, sagte Martina Noß dem Abendblatt.
Auch Easyjet fliegt weiter in den schwarzen Zahlen, allerdings fiel der Vorsteuergewinn des britischen Niedrigpreisspezialisten vor allem wegen gestiegener Treibstoffkosten im zurückliegenden Geschäftsjahr zum 30. September 2009 um 65 Prozent auf umgerechnet 49,2 Millionen Euro.