Anbieter, die abzocken, drohen mit Kontopfändung und Inkassobüros. Verbraucherschützer in Hamburg raten: Nicht bezahlen!

Hamburg. Als Katharina Krämer (42) den Umschlag öffnete, bekam sie einen Schreck. "Letzte Mahnung vor Übergabe der Forderung an das Inkassobüro", stand fett unterstrichen auf dem Brief. Eine Rechnung über 103,50 Euro sollte sie innerhalb der nächsten sieben Tage auf ein Konto der Sparkasse im Schwarzwald überweisen. Andernfalls drohte der Absender - eine Nachrichten & Medien GmbH mit Postfach im hessischen Hanau - mit "hohen Inkasso-, Anwalts-, Gerichts- und Verfahrenskosten sowie Kontopfändung". Angeblich soll die Hamburgerin im Internet Dienste der "Win-loads.net" genutzt und mehrere Rechnungen per Mails ignoriert haben, erzählt Krämer dem Abendblatt.



Die Hamburgerin ist über das dreiste Schreiben immer noch empört. "Ich habe weder Zahlungsaufforderung per Mail erhalten, noch kann ich mich daran erinnern, jemals diese Adresse angeklickt zu haben", erzählt sie. Ihr Mann vermutete sofort einen Betrug. Sie erstatteten Anzeige bei der Polizei.

Für die Verbraucherzentralen ist der Fall Krämer nur einer unter Zigtausenden. "Monatlich erhalten mindestens 22 000 Bürger solche unberechtigten Rechnungen aus Abofallen im Internet", berichtet Martin Madej, Jurist der Verbraucherzentrale Bundesverband. Im Jahr seien dies 264 000 - doch die Dunkelziffer liege noch viel höher. In Hamburg gehen täglich "mindestens ein Dutzend Beschwerden ein", sagt die Hamburger Verbraucherschützerin Edda Castelló. Sogar Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust sei einst in eine solche Abofalle getappt: Beim Herunterladen eines Kochrezepts für "Gulasch mallorquinischer Art" war er unfreiwillig ein Zweijahresabo für je 30 Euro pro Jahr eingegangen.

In der Regel ähneln sich die Vorgehensweisen: Verbraucher landen beim Surfen auf Seiten, die ihnen "kostenlos" und "gratis" allerlei versprechen. Mal sind es Kochrezepte, Hausaufgabenhilfen, Routenplanungen, Intelligenztests und vieles mehr. Dabei sind die Angebote oft nur ein Trick, den Namen und die Adresse des Nutzers zu erfahren. "Wer hier seine Daten eingibt, ist oft schon in die Falle getappt", sagt Castelló. Die Betreiber haben die persönlichen Daten und verschickten dann Rechnungen und Mahnungen.

Allein die Hamburger Verbraucherzentrale hat auf ihrer Internetseite mehrere Dutzend auffälliger Betreiber aufgelistet. Dazu zählt auch die Win-loads.net. Das Unternehmen wirbt mit kostenlosen Programmen, versendet aber schließlich Rechnungen über angeblich bestellte Abonnements. Weitere auffällige Firmen seien derzeit auch Online Content, Blue Byte FZE, netsolution FZE sowie Internet Services and Solutions (ISAS).

Bei den Firmen handelt es sich oft um bewusste "Kostenfallenbetreiber", die auf ihren Homepages Programme anbieten und dies groß als "Free" (frei) oder "Open" bewerben, so Madej. Erst im Kleingedruckten wird - wenn überhaupt - auf die wahren Kosten hingewiesen.

Die Verbraucherschützer raten allen, die dubiose Zahlungsaufforderungen erhalten, stur zu bleiben. "Zahlen Sie nicht. Lassen Sie sich auch nicht von Inkasso- oder Anwaltsbriefen unter Druck setzen", rät Castelló.

Selbst wenn die Verbraucher im Nachhinein auf den Internetseiten bei besonders genauem Hinsehen eine Preisangabe finden, müssten sie die Rechnung nicht zahlen. "Wenn die Preisangaben tief in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen versteckt waren oder kaum lesbar in winzig kleiner Schrift nur mit großer Mühe auf der Internetseite zu entdecken sind, sind die Verbraucher im Recht", so Castelló: "Ein bewusstes Verstecken eines Endpreises verstößt gegen die Preisangabenverordnung und deren Grundsätze der Preiswahrheit und Preisklarheit. Daher muss auch nicht gezahlt werden."

Die Verbraucherzentrale rät sogar eindeutig vom Bezahlen solcher "Mahnungen" und "Rechnungen" ab: "Wer zahlt, schadet sich nur selber. Sie tragen dazu bei, dass die Gaunerei nicht aufhört. Solange sich das Verfahren für die irreführenden Internetanbieter lohnt, hört der Spuk mit den Abofallen nicht auf. Das System muss ausgetrocknet werden." Strafanzeige zu erstatten, schade unterdessen nicht, bringe jedoch auch nur wenig, weiß die Verbraucherschützerin aus Erfahrung: "Die meisten strafrechtlichen Verfahren verlaufen im Sand."