Noch ist die Inflationsrate stabil, viele Lebensmittel wie die Gurke sind deutlich günstiger geworden. Das könnte sich in wenigen Monaten ändern.
Berlin. Für die deutschen Verbraucher gehen paradiesische Zeiten zu Ende. Im Oktober blieben die Kosten für die Lebenshaltung noch einmal stabil, nachdem sie in den Vormonaten sogar um bis zu 0,5 Prozent gefallen waren. Doch künftig wird es für das gleiche Geld wieder weniger zu kaufen geben. „In den nächsten Monaten geht es bei den Preisen flott nach oben“, prophezeit Postbank-Chefvolkswirt Marco Bargel. Schon am Jahresende erwarten Experten eine Inflationsrate von etwa einem Prozent. Das sind schlechte Nachrichten für die Wirtschaft. Die billigen Preise wirkten bislang wie ein zusätzliches Konjunkturprogramm.
Dass die Inflation vor einem Comeback steht, hat vor allem einen Grund: Öl ist wieder teurer geworden. Der Preisverfall dieses Rohstoffes hat die Portemonnaies der Deutschen in diesem Jahr um etwa 25 Milliarden Euro entlastet, wie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) ausgerechnet hat. Das trug entscheidend dazu bei, dass die Deutschen im ersten Halbjahr trotz Rezession mehr konsumierten. Doch mit der Erholung der Weltwirtschaft zieht die Nachfrage an und steigen die Preise wieder. „Bislang hat der Ölpreis die Verbraucher entlastet, jetzt kehrt sich dieser Effekt ins Gegenteil um“, sagt Analyst Thorsten Polleit von Barclays Bank.
Ein Fass kostete im November zeitweise deutlich mehr als 80 Dollar – solche Preise wurden zuletzt vor über einem Jahr verlangt. Um den Jahreswechsel 2008/09 war ein Fass sogar für weniger als 35 Dollar zu haben. Die Internationale Energieagentur (IEA) geht davon aus, dass der Ölpreis in den nächsten Jahren auf 100 Dollar steigen wird. Die Verbraucher müssen aber nicht nur für Benzin, Diesel, Heizöl und andere Energieprodukte tiefer in die Tasche greifen. Preiserhöhungen drohen auch bei Konsumgütern, Lebensmitteln und Dienstleistungen, weil ein steigender Ölpreis auch die Kosten der Unternehmen nach oben treibt. Ob die Logistik im Einzelhandel oder die Energieausgaben der Friseure – überall treibt teures Öl die Kosten. Der Rohstoff wird deshalb auch gern als „Schmierstoff der Weltwirtschaft“ bezeichnet.
„Die Unternehmen werden versuchen, höhere Kosten auf ihre Kunden abzuwälzen, indem sie ihre Produkte und Dienstleistungen verteuern“, sagt Polleit. Je schneller sich die Wirtschaft erholt und die Nachfrage anzieht, desto größer wird der Spielraum haben die Unternehmen dafür. In den vergangenen Monaten war es genau umgekehrt: Wegen der wegbrechenden Nachfrage versuchten viele Unternehmen, die Kunden mit Schnäppchen zum Kauf zu bewegen.
Bei den preissensiblen Deutschen, die ihren täglichen Einkauf besonders gern bei Discountern erledigen, haben Preiserhöhungen in der Vergangenheit oft zu Kaufzurückhaltung geführt. „Für den Einzelhandel brechen härtere Zeiten an“, sagt Postbank-Chefvolkswirt Bargel, der für 2010 Teuerungsraten von bis zu 1,8 Prozent voraussagt.