Nun ist es soweit: General Motors, der Mutterkonzern des angeschlagenen deutschen Autoherstellers Opel, hat am Montag damit begonnen, die Insolvenzverfahren für seine angeschlossenen Unternehmen einzuleiten. Das nun folgende gerichtliche Gläubigerschutz-Verfahren ist das größte seiner Art in der US-Geschichte.

New York. Schicksalstag für den Opel-Mutterkonzern General Motors: Der einst weltgrößte Autohersteller hat als letzte Überlebensmöglichkeit Insolvenz angemeldet. Das Unternehmen begann am Montag damit, die Insolvenzverfahren für seine angeschlossenen Unternehmen einzuleiten. Der Insolvenzanmeldung für Chevrolet-Saturn of Harlem Inc. dürften nun weitere folgen. Gegen 18.00 Uhr MESZ ist eine Rede von US-Präsident Barack Obama geplant, auch Konzernchef Fritz Henderson will sich äußern. Es handelt sich um die größte gerichtliche Gläubigerschutz-Verfahren seiner Art in der US-Geschichte.

Dabei soll der marode Konzern, der seit Jahren Milliarden-Verluste einfährt, zunächst praktisch verstaatlicht werden und sich - geschützt vor dem Zugriff der Gläubiger – gesundschrumpfen. GM soll künftig schon ab zehn statt wie bislang 16 Millionen verkauften Autos pro Jahr in die Gewinnzone fahren, „Eines der wichtigsten Prinzipien des Präsidenten ist es, dass die Opfer auf viele Schultern verteilt werden“, sagte ein hoher US-Regierungsbeamter am Sonntag.

Obama hatte dem Traditionsunternehmen ein Ultimatum bis zum 1. Juni gestellt: Entweder legt GM einen Sanierungsplan vor oder als einzige Überlebenschance bleibt die Insolvenz nach US-Muster. Der Staat soll zunächst 72 Prozent der GM-Anteile übernehmen, der Konzern in einen „guten“ und einen „schlechten Teil“ aufgespalten werden. Die Staatshilfen werden auf insgesamt 50 Milliarden Dollar veranschlagt, 20 Milliarden davon wurden bereits bezahlt.

Aus dem Weißen Haus hieß es, weitere Unterstützung nicht geplant. „Das soll es dann gewesen sein“, betonte ein enger Mitarbeiter von Präsident Obama. Da die Regierung Anteilseigner sein, habe sie auch Mitsprache bei der Besetzung des Vorstandes des „neuen GM“. Man werde dabei aber „extrem diszipliniert“ agieren, hieß es weiter.

Eine Gruppe von Gläubigern, die für mehr als die Hälfte der 27 Milliarden Dollar GM-Schulden stehen, hatte am Wochenende dafür gestimmt, ausstehenden Gelder in Anteile am „neuen GM“ einzutauschen. Das dürfte das Insolvenzverfahren deutlich erleichtern. Im Gegenzug sollen sie zehn Prozent des neuen Konzerns erhalten, später möglicherweise weitere 15 Prozent.

Die ins gefassten „Blitz-Insolvenz“ soll laut Regierung lediglich 60 bis 90 Tagen dauern. Auch die Einigung mit Opel sowie die jüngste Zustimmung der mächtigen Autogewerkschaft UAW zu drastischen Einschnitten gelten als wichtige Voraussetzung für ein zügiges Verfahren, das ähnlich der Insolvenz des GM-Wettbewerbers Chrysler ablaufen soll. „Es wird aber nicht so schnell gehen wie bei Chrysler“, sagte ein Beamter. General Motors sei größer und international stärker verflochten als der Konkurrent.

Der Konzern soll in einen „guten“ und einen „schlechten Teil“ aufgespalten werden. Marken wie Chevrolet und Cadillac, die als überlebensfähig gelten, sollen die Insolvenz rasch wieder verlassen, andere wie etwa wie etwa Hummer, Saturn und die schwedische Tochter Saab dürften abgestoßen werden; Pontiac muss sterben. Weltweit sollen mehr als 35000 Stellen gestrichen werden, es dürften weniger als 200.000 Jobs übrigbleiben. Laut Regierung sollen elf Werke geschlossen und drei weitere nicht mehr genutzt werden.

Das US-Finanzministerium geht davon aus, einen großen Betrag der insgesamt 50 Milliarden-Dollar-Hilfen innerhalb der nächsten fünf Jahren vom „neuen GM“ wiederzubekommen, berichtete die „Washington Post“. Allerdings gibt es auch kritische Stimmen, die die Risiken betonen. „Es ist eine große Unsicherheit, ob das Unternehmen gut laufen wird. Der potenziell größte Verlierer ist unglücklicherweise der US-Steuerzahler“, sagte Prof. Edward Altmann (New York) der Finanzagentur Bloomberg.

Bereits am Freitag stimmte die Gewerkschaft UAW Einschnitten bei Löhnen und Sozialleistungen zu, diefür GM jährliche Einsparungen von 1,3 Milliarden Dollar bedeuten. Dafür erhält die Gewerkschaft einen Anteil von 17,5 Prozent an GM. „Diese Vereinbarung gibt GM eine Chance zu überleben“, sagte der UAW-Vorsitzende Ron Gettelfinger.

Rettung von Ope war am Sonnabend gelungen

Die Rettung des deutschen Autobauers Opel war in der Nacht zum Sonnabend in einem sechseinhalbstündigen Spitzengespräch im Berliner Kanzleramt gelungen. Nachdem der Durchbruch zunächst in den Gesprächen zwischen Bund, Ländern und dem Investor Magna geschafft wurde, stimmte schließlich auch das US-Finanzministerium zu. Die Vereinbarungen sollen umgehend in Kraft treten.

Damit ist der Weg frei für einen Überbrückungskredit in Höhe von 1,5 Milliarden Euro. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) sagte, die Risiken für den Staat seien hoch. Die Entscheidung sei aber zu rechtfertigen nach den Versicherungen und Darlegungen des kanadisch-österreichischen Zulieferers Magna. Der Überbrückungskredit von 1,5 Milliarden Euro sei das letzte Angebot. Der Staat werde trotz der bevorstehenden Bundestagswahl bei den Hilfen nichts mehr darauflegen.

Das Rettungskonzept der Bundesregierung für Opel ist bei der Sondersitzung des Bundestags-Haushaltsausschusses am Pfingstsonntag trotz vieler Bedenken auf weitgehende Zustimmung gestoßen. Eine Entscheidungsbefugnis hatte das Gremium nicht. In der nicht-öffentlichen Sitzung traten nach Angaben von Politikern der Opposition tiefgreifende Differenzen zwischen Union und SPD zutage.

Lösung für Chrysler steht

Unterdessen hat der insolvente US-Autobauer Chrysler darf wie geplant eine Allianz mit dem italienischen Autobauer Fiat eingehen. Ein US-Insolvenzgericht genehmigte am Montag den Verkauf des US-Kerngeschäfts von Chrysler an eine Investorengruppe, die von Fiat angeführt wird. Der Preis betrage zwei Milliarden Dollar, erklärte der zuständige Richter Arthur Gonzalez. An der neuen Unternehmensgruppe wird Fiat zunächst 20 Prozent halten, der gewerkschaftliche Gesundheitsfond 68 Prozent und die Regierungen der USA und Kanadas zwölf Prozent.

Der drittgrößte US-Autohersteller hatte Ende April den Gang in die Insolvenz mit dem Ziel angetreten, nur wenige Woche unter Gläubigerschutz zu arbeiten. Durch die Allianz mit Fiat, das seine Anteile an der früheren Daimler-Tochter später aufstocken will, hofft der Konzern wieder auf erfolgreichere Zeiten. Chrysler-Rivale General Motors, mit dessen Insolvenzantrag im Laufe des Montags gerechnet wird, strebt bisherigen Angaben zufolge ebenfalls an, nur wenige Wochen unter Gläubigerschutz zu arbeiten.