Nach der Übernahmeofferte von Schaeffler für Continental spricht man wieder über sie - und ihre Erfolge. Geschichten abseits des Shareholder Value.

Hamburg. Miteigentümer Weisser bezeichnet es als ein Erfolgsgeheimnis, dass Marquard & Bahls "in wirtschaftlich vernünftigen Zeitläufen" denken und handeln könne. Und ein weiteres Plus für Hamburgs heimlichen Ölbaron: "Als nicht an der Börse gehandeltes Familienunternehmen können wir allen Mitarbeitern, Geschäftspartnern und Aktionären eine langfristige Perspektive und Konstanz bieten, die bei börsennotierten Unternehmen nicht vorhanden ist."

Unabhängigkeit und Kontinuität betont auch Klaus-Heiner Röhl vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln als Stärken von Familienunternehmen. In einer knapp 120 Seiten starken Studie hat er das Tun dieser Firmen analysiert. Sein Fazit: "Es gibt derzeit eine Renaissance von Familienunternehmen." Der Übernahmeversuch der Continental AG durch Schaeffler ist für ihn keine Überraschung, sondern womöglich nur der Anfang weiterer spektakulärer Fälle, in denen der vermeintlich Kleinere den um vieles Größeren herausfordert. "In den 50er- und 60er-Jahren bestimmten die Familienunternehmen das Wirtschaftsgeschehen in Deutschland, in den 70ern hat sich der Staat stark eingemischt und in den 90ern ist der Shareholder-Value-Ansatz in die Chefetagen eingezogen. Jetzt rücken die Familienbetriebe wieder in den Blickpunkt."

Und die Erfolge sprechen bei den oft über viele Generationen geführten Betrieben eine eindeutige Sprache. So haben nach Röhls Berechnungen Familienunternehmen zwischen 2003 und 2006 prozentual mehr zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen als ihre fremdbestimmten Konkurrenten. Sie stehen zwar nur für 42 Prozent der Umsätze bundesweit, stellen aber 57 Prozent der Arbeitsplätze zur Verfügung. "Die Chefs der Familienbetriebe agieren umsichtiger, vorsichtiger, wechseln nicht ständig ihre Strategie", sagt Röhl. Deshalb gebe es eben kaum große Sparprogramme, bei denen Zigtausende Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren - eine Entwicklung, die man in den vergangenen Jahren bei vielen Großkonzernen gesehen hat. Jüngstes Beispiel ist der Elektronikriese Siemens, der fast 17 000 Stellen streichen will.

Und der Gewinn der Familienbetriebe stimmt ebenfalls. Im Vergleich zu den Konkurrenten gibt es zwar weniger Unternehmen mit einer Umsatzrendite von mehr als zehn Prozent, aber zugleich weniger Verlustfirmen. Auch die Internationalität ist hoch. So haben die wachstumsstärksten Familienunternehmen eine Exportquote, die zum Teil bei mehr als 50 Prozent liegt. Aber auch viele kleine Unternehmen haben sich ein weltweites Vertriebs- und Produktionsnetz aufgebaut

Mit "Fleiß, Fleiß, Fleiß", wie Dieter Schnabel sagt, hat nicht nur die Helm AG sich langsam aber stetig zu einem milliardenschweren Unternehmen hochgearbeitet. Allein in Hamburg gibt es fast ein Dutzend von Familien bestimmter Firmen mit mehr als einer Milliarde Euro Umsatz. Stille Riesen wie die Helm AG und Marquard & Bahls sind genauso dabei wie der international bekannte Kaffeeröster Tchibo oder der Versandhändler Otto. Deren Aufsichtsratschef Michael Otto macht denn auch keinen Hehl daraus, worum es ihm als Unternehmer geht: "Ich selbst lege großen Wert auf das langfristige Wohlergehen unseres Unternehmens. Strohfeuer nützen uns da gar nicht", sagt er dem Abendblatt. Doch der mehrfach ausgezeichnete Unternehmer denkt noch weit darüber hinaus: "Auch gesamtgesellschaftlich betrachtet muss es unser Anliegen sein, heute so zu wirtschaften, dass nachfolgenden Generationen daraus kein Nachteil erwächst. In meinen Augen ist dies das genaue Gegenteil von kurzfristigem Gewinnstreben."