Ein Spitzentreffen von Politikern und Bankern hat keine Lösung für das Problem der toxischen Wertpapiere gebracht. Die Zeit aber drängt: Der Internationale Währungsfonds befürchtet weltweit Verluste von mehr als drei Billionen Euro durch faule Kredite, in Deutschland könnten bis zu 850 Milliarden Euro anfallen. Ein Überblick über ein existenzielles Problem.

Washington/Berlin. Bislang war der IWF davon ausgegangen, dass Finanzinstitute voraussichtlich 2,2 Billionen Dollar an problematischen Vermögenswerten abschreiben müssen.

In seinem am Dienstag vorgelegten Bericht zur Finanzmarkt- Stabilität beziffert der Fonds nun alleine die Abschreibungen auf US- Papiere und Kredite auf voraussichtlich 2,7 Billionen Dollar. Addiert mit möglichen Verlusten aus problematischen Vermögenswerten aus Europa könnten demnach könnten sich demnach rund vier Billionen Dollar Verlust anhäufen.

Wie das Problem der toxischen Wertpapiere gelöst werden könnte, darüber hat eine Spitzenrunde bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Dienstag im Kanzleramt beraten. Von dem Treffen mit Vertretern der Bundesbank und des Finanzmarktstabilisierungsfonds (SoFFin), Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD), Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) und Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) wurde noch kein abschließendes Ergebnis erwartet.

Die Zeit drängt jedoch. Damit die mit einem beispiellosen Einbruch kämpfende Wirtschaft wieder anspringt, braucht es den Kehraus bei den Banken. Diese sitzen auf milliardenschweren Risikopapieren mit ungewissem Wert. Mit der Folge, dass sie sich einander nicht mehr vertrauen und mit der Kreditvergabe auch an Unternehmen und Verbraucher zögern.

Wohin mit dem Finanz-Müll?

Das wahre Ausmaß des Problems ist ungewiss - von 200 Milliarden bis zu 500 Milliarden Euro ist die Rede. Zuletzt wurde gar die unglaubliche Zahl von 853 Milliarden Euro in Umlauf gebracht. Offenbar handelt es sich hier um die Maximalsumme aller schlechten Papiere, wie sie sich nach einer Umfrage der Finanzaufsicht BaFin im Januar ergeben hatte.

Nicht alle davon sind jedoch ausfallgefährdet. Ein Teil sind in der Tat wertlose Schrottpapiere, die komplett als Verlust abgeschrieben werden müssen. Dann gibt es aber nur vorübergehend notleidende Papiere wie einige Staats- und Firmenanleihen. Beinahe täglich müssen Banken dennoch ihre Bilanzen nach unten abwerten. Damit sinkt ihr Eigenkapital, das Kreditgeschäft muss zurückgefahren werden, teils droht sogar die Schließung eines Instituts.

Die große Frage ist nun: Wohin mit dem gigantischen Finanz-Müll? Und vor allem: wer bezahlt am Ende die Zeche? Großbritannien und die USA gehen eigene Wege - über eine Partnerschaft mit Privatinvestoren beziehungsweise einer Art Katastrophenversicherung. Beide Modelle haben weder Merkel noch Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) überzeugt. Sie lehnen auch eine einzige "Bad Bank" (schlechte Bank), in die sämtliche Ramschpapiere aller Banken zulasten der Steuerzahler ausgelagert werden, ab.

Lösung bis Juli angestrebt

Favorisiert werden mehrere "Bad Banks". Verursacher und Aktionäre sollen nicht aus der Verantwortung entlassen werden. Aber auch die Steuerzahler dürften einmal mehr geradestehen, wenn am Ende aus Risiken wirkliche Verluste werden.

Bis es zu einer Lösung - voraussichtlich spätestens Anfang Juli - kommt, müssen etliche Fragen geklärt werden. Wer etwa bestimmt den Preis der Altlasten und notleidenden Papiere, und wer legt fest, welche Papiere überhaupt als Risiko eingestuft werden? Welche Auswirkungen sind für die Staatskassen zu befürchten, wie werden Ausfallrisiken ermittelt? Auch geht es um international abgestimmte Lösungen, um Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern.

Hinzu kommen zahlreiche aktienrechtliche Fragen, voraussichtlich streitanfällige und langwierige Abstimmungen auf EU-Ebene, Beratungen mit Rating-Agenturen, die den Wert von Finanzprodukten und die Kreditwürdigkeit von Banken bewerten bis hin zu dem Problem, wie eine oder mehrere "Bad Banks" personell und finanziell ausgestattet werden. So ist offen, ob der mit 480 Milliarden Euro ausgestattete staatliche Rettungsfonds SoFFin aufgestockt werden muss.

Steinbrück will Landesbanken reduzieren

Steinbrück nutzt die "Bad-Bank"-Debatte natürlich auch, um eine Neuordnung der überwiegend maroden Landesbanken zu beschleunigen. Er will die Zahl der sieben Institute verringern. Dagegen sperren sich die Länder, die ungern auf eigene Landesbanken verzichten wollen. Besser dastehende Landesbanken dürften nicht mit Problemkandidaten wie der HSH Nordbank in einen Topf geworfen werden, meinen sie.

Teils gehen die Länder Extra-Wege, indem sie eine Art "Bad Bank Light" installieren und einen eigenen Garantieschirm spannen. Auch soll erreicht werden, dass der gesunde Teil unbelastet neu starten kann. Vor allem wollen sich die Länder nicht vom Bund reinreden lassen. "Wenn wir das Risiko eh weiter tragen, warum sollen wir uns dann erpressen lassen?", heißt es zu Steinbrücks Planspielen.