Peter Becker über die Lehren aus der Krise, Brötchenpreise und sein ganz persönliches Weihnachten.

Hamburg. Abendblatt:

Wie begeht Hamburgs Handwerkskammer-Präsident und Bäckermeister Peter Becker Weihnachten?

Peter Becker:

Heiligabend ist für uns ein langer Arbeitstag. Ich fange nachts an, dann geht es bis zum Mittag. Schließlich ist der 24. Dezember einer unserer umsatzstärksten Tage im Jahr. Um 17 Uhr kommt die Familie zu uns, und dann ist Bescherung. Der Weihnachtsmann kommt dieses Jahr nicht, da unser Enkel nicht da ist. Zu essen gibt es Würstchen und Kartoffelsalat und später gehen wir zusammen in die Kirche.



Abendblatt:

Und am ersten Weihnachtstag stehen Sie dann zu Hause am Herd und Backofen?

Becker:

Nein. Den ersten Weihnachtstag lassen meine Frau und ich ganz ruhig angehen. Dann ist Entspannung angesagt. Wir schlafen länger, gehen spazieren und essen etwas Einfaches - zum Beispiel Kartoffelsalat und Spiegelei. Am zweiten Weihnachtstag gibt es dann traditionell Gans.



Abendblatt:

...zubereitet von Peter Becker.

Becker:

Nein, nein. Das übernimmt meine Frau. Schließlich soll es ja schmecken (lacht).



Abendblatt:

Aber wenigstens die Plätzchen machen Sie zu Hause selbst.

Becker:

An den Backofen zu Hause traue ich mich nicht so richtig. Dort komme ich mit den kleinen Mengen nicht klar.



Abendblatt:

Wie wichtig ist die Weihnachtszeit für Sie als Bäcker?

Becker:

Sehr wichtig. In der Woche vor Nikolaus und vor Heiligabend machen wir erheblich mehr Umsatz als an normalen Verkaufstagen.



Abendblatt:

Spürt das Hamburger Handwerk die Finanzmarktkrise und die Konjunkturflaute?

Becker:

Bisher gibt es noch keine negativen Auswirkungen. In unserer jüngsten Konjunkturumfrage bei Hamburger Handwerksbetrieben von Ende Oktober durften wir uns sogar über die besten Werte seit 2002 freuen. 41 Prozent der befragten Meister bewerteten ihre Geschäftslage positiv, nur acht Prozent sprachen von einer negativen Situation.



Abendblatt:

Was erwarten Sie für die Zukunft?

Becker:

Kurzfristig erwarte ich keine dramatischen Umsatzeinbrüche. Probleme könnten beim Bauhandwerk auftreten wegen der zu befürchtenden schwächeren Baukonjunktur. Zudem dürften die Zulieferer der Auto- und Luftfahrtbranche weniger Geschäft machen. Der Autohandel wird nicht ohne Schrammen durch diese Krise kommen, für die Autowerkstätten blicke ich dagegen positiv nach vorne.



Abendblatt:

Wie sind ihre konkreten Umsatz- und Arbeitsplatzprognosen für das Hamburger Handwerk 2009?

Becker:

Beim Umsatz erwarte ich einen geringfügigen Rückgang. In diesem Jahr werden die Hamburger Handwerksbetriebe 13,3 Milliarden Euro umsetzen. 2009 werden es nach unseren bisherigen Prognosen 13 Milliarden Euro sein. Die Zahl der Beschäftigten dürfte ebenfalls leicht von 128 500 auf 127 200 zurückgehen. Die Entwicklung in Hamburg wird nach den Erfahrungen der Vergangenheit auf jeden Fall besser sein als im Bundesschnitt.



Abendblatt:

Ist es für das Hamburger Handwerk wegen der Finanzmarktkrise schwieriger geworden, an Kredite der Banken zu kommen?

Becker:

Nein. Wenn ein Handwerksbetrieb keinen Kredit bekommt, dann liegt das am individuellen Fall. Eine allgemeine Kreditklemme kann ich nicht ausmachen.



Abendblatt:

Mit welchen Maßnahmen würde die Politik dem Handwerk durch das konjunkturelle Tal helfen?

Becker:

Der Staat muss die Abgabenbelastung für die Bürger senken, so dass mehr Geld für den Konsum übrig bleibt. Deshalb bin ich für die Abschaffung des Solidaritätszuschlags. Er sollte nicht wie die Sektsteuer, die 1902 eingeführt wurde, ewig fortbestehen. Insgesamt muss die Steuerlast geringer werden. Dafür sollte man die Lohn- und Einkommensteuer auf breiter Front senken.



Abendblatt:

Blicken Sie als Handwerkskammerpräsident neidisch auf das 500-Milliarden-Euro-Hilfspaket für die deutschen Banken?

Becker:

Dass man denjenigen, die die entscheidenden Fehler in der Finanzmarktkrise gemacht haben, nun noch unter die Arme greift, ärgert mich schon. Allerdings sehe ich keine wirkliche Alternative zu dem Rettungsschirm. Die Wirtschaft ist auf ein funktionierendes Bankensystem angewiesen. Wichtig ist, dass die Politik aus der Finanzmarktkrise die notwendigen Konsequenzen zieht.



Abendblatt:

Können Sie Beispiele nennen?

Becker:

Es müssen Regeln eingeführt werden, die das Zocken an den Finanzmärkten unmöglich machen. Für jede Tombola, die man bei einem Jugendfußballspiel veranstalten möchte, gibt es staatliche Regeln - nur nicht am Finanzmarkt.



Abendblatt:

Was sollte die Gesellschaft aus der aktuellen Krise lernen?

Becker:

Die Habgier darf nicht überhandnehmen und das Handeln in Unternehmen bestimmen. Um dies zu verhindern, sollte man sich vom allzu kurzfristigen Denken in den Chefetagen verabschieden. Das langfristige Wohl einer Firma muss wieder in den Mittelpunkt unternehmerischen Handelns rücken.



Abendblatt:

Zum Schluss noch eine Frage an den Bäcker Becker. Wann werden endlich die Brötchen billiger? Schließlich sind die Getreidepreise zuletzt kräftig gesunken.

Becker:

Die Brötchen werden nicht preiswerter, es sei denn die Beschäftigten in den Backstuben verzichten auf Lohn. Schließlich haben wir die letzten Preiserhöhungen für Rohstoffe noch gar nicht voll an die Kunden weitergegeben. Und die nächsten Tarifverhandlungen stehen vor der Tür. Hinzu kommen höhere Strompreise und steigende Krankenkassenbeiträge. Ich hoffe aber dennoch, dass wir 2009 die Preise in unseren Filialen zumindest konstant halten können