Informationen über Namen, Geburtstage, Bankverbindungen sind im Umlauf. Staatsanwaltschaft liegt CD mit 1,2 Millionen Angaben vor.

Frankfurt/Main. Die Kette der Datenskandale in Deutschland reißt nicht ab. Am Wochenende erschütterte jetzt ein neuer Fall die Bundesrepublik. Auf dem Schwarzmarkt sind nach einem Bericht der "Wirtschaftswoche" Bankverbindungen von 21 Millionen Deutschen illegal im Umlauf. Dem Magazin wurden die Daten nach eigenen Angaben für knapp zwölf Millionen Euro zum Kauf angeboten. Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft ist mit dem Fall befasst.

Neben Angaben zur Person wie etwa Geburtsdaten enthielten die Datensätze die Bankverbindung mit Kontonummer und Bankleitzahl, in einigen Fällen sogar Angaben zur Vermögenslage. Mit den Daten könnten Unbekannte im Extremfall ohne Wissen des Inhabers Geld von einem Girokonto abbuchen, ohne dass die Betroffenen jemals eine Einzugsermächtigung erteilt haben.

Erste Spuren führen nach Angaben des Magazins fast ausschließlich zu kleineren Callcenter-Betreibern. Vor allem auf umkämpften Massenmärkten wie Telekommunikation, Energieversorgung oder Kabelfernsehen arbeiteten viele Anbieter fast nur mit externen Dienstleistern und Callcentern zusammen. Diese erhielten die relevanten Kundendaten teilweise vom Auftraggeber.

Schalten die Dienstleister ihrerseits Subunternehmer ein, verliert sich die Kontrolle über die Daten irgendwann im Nichts. Die Unterauftragnehmer ergänzten die Daten ihrer Auftraggeber nicht selten, indem sie Daten zukauften. Das geschehe nicht nur bei legalen Adresshändlern.

Offenbar besserten aber auch Mitarbeiter kleinerer Callcenter ihr Gehalt auf, indem sie Adressdaten kopierten und auf eigene Rechnung an Hintermänner weiterverkauften. Die wiederum führten die Bank- und Adressdaten aus verschiedenen Quellen zusammen, bereinigten sie um Doppelungen und böten sie im großen Stil zum Kauf an.

Die Mitarbeiter der "Wirtschaftswoche" haben den Angaben zufolge eine Muster-CD mit 1,2 Millionen Datensätzen an die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft übergeben. Ein Sprecher der Justizbehörde bestätigte den Erhalt der CD. Angaben dazu könne er aber noch nicht machen. "Wir werden uns das am Montag in Ruhe angucken", sagte der Sprecher. Es müsse nun geklärt werden, wie so viele Kontonummern illegal in Umlauf gelangen konnten.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar geht davon aus, dass "mit den Daten aller Deutschen irgendwo gehandelt wird". "Jeder muss befürchten, dass er betroffen ist", sagte Schaar im NDR. "Es ist eine Art grauer Datenmarkt entstanden, dessen Konturen sich nicht mal ansatzweise abzeichnen." Es liege nahe, dass weitere Datenträger kursieren. Daran lasse sich viel verdienen. Schaar riet den Bürgern, ihre Kontoauszüge zügig und sorgfältig zu prüfen.

Der schleswig-holsteinische Datenschutzbeauftragte, Thilo Weichert hatte bereits im Sommer erklärt, dass allein zehn bis 20 Millionen illegale Kontodaten vagabundierten. Die Linkspartei-Abgeordnete Petra Pau, Mitglied im Innenausschuss des Bundestages, kritisierte: "Auf dem Datengipfel von Bundesinnenminister Schäuble im September wurden für November neue Gesetze versprochen. Inzwischen ist Dezember. Der aktuelle Datenmissbrauch zeigt: Dieser politische Winterschlaf könnte Millionen Bürgerinnen und Bürger teuer zu stehen kommen."

Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, forderte am Sonntag die Regierung auf, Konsequenzen aus diesem "neuen Datenskandal" zu ziehen. Er verlangte neue Regeln beim Datenschutz in der Wirtschaft und eine ausreichende Verstärkung der Kontrolle der Datenverwendung in der Wirtschaft durch die Datenschutzbeauftragten. Es werde Zeit, den Datenschutz im Grundgesetz zu verankern und dadurch zu stärken, erklärte Beck.

In den vergangenen Monaten waren mehrere große Fälle von Datenklau bekannt geworden. Zuletzt hatte im Oktober ein riesiger Fall von Datendiebstahl die Telekom erschüttert. Bei der Mobilfunksparte T-Mobile waren vor gut zwei Jahren 17 Millionen Telefonnummern und Adressen von Kunden entwendet worden. Möglich geworden war dies über Lücken in den Datenbanken, in denen die Angaben zu den Kunden gespeichert sind.