Die Bundesregierung will bis Weihnachten über eine Milliarden-Bürgschaft für den unter Druck stehenden Autobauer Opel entscheiden. Bundeskanzlerin Angela Merkel knüpft mögliche Hilfen jedoch an Bedingungen.

Berlin. Es müsse unbedingt vermieden werden, dass Mittel aus Deutschland an den vom Aus bedrohten Opel-Mutterkonzern General Motors (GM) in die USA fließen, betonte Merkel (CDU) am Montag nach einem Krisentreffen mit Firmenleitung und Betriebsrat in Berlin. Zudem müsse Opel weitere Informationen und Zahlen vorlegen.

GM-Europachef Carl-Peter Forster bestätigte erstmals offiziell, dass über eine Bürgschaft von "etwas mehr als einer Milliarde Euro" gesprochen wird. Dabei gehe es nur darum, dass auch "unter den allerschlechtesten Bedingungen" - also einer Insolvenz von General Motors - durch eine staatliche Bürgschaft das Überleben des deutschen Traditionskonzerns gesichert sei. Opel selbst habe "kein kurzfristiges Liquiditätsproblem". "Wir reden hier nicht über Subventionen, sondern nur über einen Sicherheitsschirm."

Nach Einschätzung von Experten wären bei einem Aus von Opel neben den knapp 25 700 Arbeitsplätzen bei dem Autohersteller mindestens 50 000 weitere Jobs bei Zulieferern bedroht.

Mit Blick auf mögliche Forderungen von anderen Autokonzernen oder aus anderen Branchen betonte Merkel, Opel sei ein "Ausnahmefall". In der Diskussion der vergangenen Tage hatte es Befürchtungen gegeben, Hilfen an Opel könnten eine Flut von Anfragen lostreten.

Die Krise war am Abend auch Thema eines Treffens des Bundesaußenministers und SPD-Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier mit Betriebsräten aus der Autoindustrie. Er sprach sich für gesamteuropäische Anstrengungen gegen die Autokrise aus. Das Gespräch im Auswärtigen Amt hatte in den vergangenen Tagen für Verstimmungen zwischen Union und SPD gesorgt.

Der amerikanische Opel-Mutterkonzern ringt ums Überleben und droht, auch die deutsche Tochter mit in den Abgrund zu reißen. Im US- Kongress brachten die Demokraten am Montag einen Gesetzentwurf ein, der der amerikanischen Autobranche Kredite von 25 Milliarden Dollar auf dem Hilfspaket für die Finanzbranche sichern soll. GM allein braucht schätzungsweise 15 Milliarden Dollar, um das nächste Jahr zu überleben. Diese Staats-Hilfen drohen jedoch an einem Richtungsstreit mit den Republikanern zu scheitern. Diese lehnen einen Zugriff der Autobauer auf den Finanz-Rettungstopf ab.

Um den Fall Opel entwickelt sich auch immer mehr eine Grundsatz- Diskussion über die Unterstützung für die Autoindustrie und andere Branchen in der sich ausbreitenden Rezession. Einige Ökonomen lehnen Hilfe für Opel prinzipiell ab. Sie widerspräche fundamentalen Grundsätzen der Marktwirtschaft, argumentierte der Konjunkturchef des Münchener Ifo-Instituts, Kai Carstensen. Zudem müsste sich der Staat nach einer solchen Intervention die Frage gefallen lassen, warum er bei Opel interveniere, aber nicht dem "Büdchen um die Ecke" helfe, sagte er "FOCUS Online".

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast forderte, der Staat solle im Gegenzug für mögliche Hilfen an einen Autobauer starken Einfluss hin zu einer schadstoffarmen Modellpolitik bekommen.

Die FDP warnte vor einem Wettlauf um Staatshilfen. "Staatliche Einzelmaßnahmen zur Unterstützung einzelner Branchen lösen ein schuldenfinanziertes Strohfeuer aus", sagte der finanzpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Hermann Otto Solms.

Unterschiedliche Einschätzungen gibt es darüber, ob und wie Opel gerettet werden kann. Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer betonte, auch ohne die Probleme von GM berge Opel erhebliche Risiken wie einen ungünstigen Produktmix und zu hohe Kapazitäten. Der "Wirtschaftsweise" Peter Bofinger plädierte sogar für eine zeitweise Verstaatlichung von Opel vor einem Weiterverkauf an private Investoren.

Die schwedische Regierung erwägt unterdessen auch Hilfen für die verlustreiche GM-Marke Saab, die mit zum Europaverbund des Konzern gehört.

Die EU-Kommission teilte am Montag mit, Die europäischen Wettbewerbshüter stünden im Fall Opel im Kontakt mit deutschen Behörden. Üblicherweise müssen Bürgschaften in Brüssel zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen überprüft werden.

Am Dienstag wollen Vertreter des Bundes und der vier Bundesländer, in denen Opel Werke hat, über die Bürgschaften sprechen. Es geht um Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Thüringen. "Wir sind bereit, Opel zu helfen", sagte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU).