Uli Offel (48) bleibt für seinen Sohn zu Hause: “Man muss den Tag planen, flexibel reagieren. Das kann man in keinem Führungsseminar besser lernen.“

Er war der Erste - in seiner Firma, vielleicht sogar in Hamburg. Das Gesetz zum Elterngeld war am 1. Januar 2007 gerade wenige Stunden alt, als Uli Offel (48) in dem Wandsbeker Unternehmen, in dem er als kaufmännischer Angestellter arbeitete, einen Antrag auf zehn Monate Elternzeit stellte. "Damals wurde ich verwundert angeschaut."

Heute, anderthalb Jahre später, guckt kaum einer mehr verwundert: Denn immer mehr Hamburger Väter nehmen sich eine berufliche Auszeit für den Nachwuchs. Während im vergangenen Jahr etwa jeder achte Vater für mindestens zwei Monate zu Hause blieb, war es im ersten Quartal 2008 sogar schon jeder fünfte. Mit einer Quote von insgesamt 13,3 Prozent liegt Hamburg damit über dem Bundesdurchschnitt von 12,1 Prozent. "Ich freue mich, dass in Hamburg zunehmend Väter von der Elternzeit Gebrauch machen", so Sozialsenator Dietrich Wersich (CDU).

Und die Nachfrage steigt. Volker Baisch vom Netzwerk Väter e. V.: "Jede Woche beraten wir bis zu 20 Männer, die sich für mindestens zwei Monate Vollzeit um ihren Nachwuchs kümmern wollen." Das Elterngeld, das je nach Einkommen zwischen 300 und maximal 1800 Euro liegt, biete den wirtschaftlichen Anreiz, auf den viele Väter gewartet hätten. "In den meisten Familien sind die Väter nach wie vor in der Ernährerrolle, weil sie mehr verdienen als die Frauen", sagt Baisch. "Eine berufliche Auszeit hätten sich diese Männer früher nicht erlauben können."

Bei Uli Offel aus Ottensen ist es anders: "Meine Frau ist hochqualifiziert, hat einen guten Job in der Pharmaindustrie - für uns war klar, dass sie weiterarbeitet." Und dass der mittlerweile 13 Monate alte Pelle von seinem Vater betreut wird. "Man muss den Tag planen, flexibel reagieren, schnelle Lösungen finden. Das kann man in keinem Führungskräfteseminar besser erlernen."

Auch Firmenchefs erkennen zunehmend den Wert einer Elternzeit für männliche Mitarbeiter: Laut einer aktuellen Studie befürworten bundesweit 61 Prozent der Personalchefs eine solche Auszeit. Volker Tschirch, Vorstandssprecher des Aga Unternehmensverbands Großhandel, Außenhandel, Dienstleistung (3000 Unternehmen aus Norddeutschland): "Die Elternzeit wird zunehmend in Anspruch genommen, die Mitarbeiter darin unterstützt. Auch wenn es für kleinere Betriebe schwierig ist, den mehrmonatigen Ausfall eines Mitarbeiters zu kompensieren."

Zwei Drittel der Väter beantragen das Elterngeld für zwei Monate, nur jeder zehnte bleibt ein Jahr zu Hause. Hier bestehe noch Handlungsbedarf, sagt Carola Veit, familienpolitische Sprecherin der SPD-Bürgerschaftsfraktion: "Es wäre wünschenswert, wenn diese Zahl künftig steigt." Christiane Blömeke, familienpolitische Sprecherin der GAL: "Wir müssen dafür sorgen, dass Familien auch nach der Elternzeit Beruf und Familie vereinbaren können." Dazu müsse Teilzeitarbeit gefördert werden.

"Gerade in einer Stadt wie Hamburg sind Eltern offen für neue Rollen, wollen sich die Erziehungsarbeit gleichberechtigt teilen", sagt Soziologe Dirk Bathen vom Trendbüro.