Ministerin kündigt nach dem Urteil neue Regelungen an: “Einen Handel mit der Gerechtigkeit gibt es nicht.“ Werden Hartz-Reformen jetzt umbenannt?

Braunschweig/Hamburg. Der frühere VW-Personalvorstand Peter Hartz muss nicht ins Gefängnis. Das Landgericht Braunschweig verurteilte ihn - wie vor Prozessbeginn abgesprochen - wegen Untreue und Begünstigung von Betriebsräten zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung sowie einer Geldstrafe von 360 Tagessätzen. Dies entspricht im Fall von Hartz einem Betrag von 576 000 Euro.

Nach Überzeugung der Richter hat Hartz, Namensgeber der rot-grünen Sozialreformen, Vermögen von VW verschleudert, indem er Sonderbonuszahlungen von knapp zwei Millionen Euro an den früheren Betriebsratschef Klaus Volkert anordnete. Auf seine Anweisung hin bezahlte der Konzern außerdem Scheinabrechnungen von Volkerts ehemaliger Geliebter sowie Lustreisen des Betriebsrats. Das Gericht beziffert den Gesamtschaden auf 2,6 Millionen Euro.

Nachdem Hartz bei seiner Vernehmung ein umfassendes Geständnis abgelegt hatte, hatten sich Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung vor der Verhandlung auf das Strafmaß geeinigt. Strafmindernd habe neben dem Geständnis auch gewirkt, dass Hartz sich nicht selbst bereicherte, sagte die Vorsitzende Richterin Gerstin Dreyer. Zudem sei man "völlig sicher, dass keine weiteren Straftaten zu erwarten sind".

Vor dem Hintergrund des Hartz-Prozesses kündigte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) gestern einheitliche Regeln für "Absprachen" in Strafprozessen an. Insbesondere in Wirtschaftsstrafsachen ist dieses Vorgehen durchaus üblich, weil es Verfahren beschleunigt und Gerichte damit entlastet. "Einen Handel mit der Gerechtigkeit wird es aber nicht geben", sagte Zypries. Gespräche über die Vereinbarungen sollen künftig in den Gerichtsakten breit dokumentiert werden. "Das ist der Versuch, die gängige Praxis aus dem Graubereich herauszuholen und auf eine eindeutige gesetzliche Grundlage zu stellen", sagte Michael Grosse-Brömer, CDU-Bundestagsabgeordneter aus Buchholz und Mitglied im Rechtsausschuss, dem Abendblatt. "Ich unterstütze das."

Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) forderte nach dem Urteil, die Sozialreformen umzubenennen. Hartz, der heute als Rentner im Saarland lebt, dürfe nicht mehr Namensgeber von Bundesgesetzen sein.