Insgesamt 200 Jobs betroffen. Auch Unsicherheit in den Werken. Betriebsrat: “Der Konzern spart sich zu Tode.“

Hamburg. Fassungslosigkeit bei den Mitarbeitern von Unilever in Hamburg. "Das trifft mich völlig überraschend", meinte eine Angestellte gestern nach einer Betriebsversammlung im Congress Centrum Hamburg (CCH). Rund 1200 Beschäftigte waren gekommen, um zu hören, was ihr neuer Chef Harry Brouwer am Tag seines Arbeitsbeginns in Hamburg zu sagen hat. Dann die bittere Nachricht: Das Unternehmen will im Rahmen eines neuen Geschäftsmodells bis zum Jahreswechsel in Deutschland, Österreich und der Schweiz 200 Vollzeitstellen streichen. Die Hauptlast soll Deutschland tragen, wo 170 bis 180 Jobs gestrichen werden, davon 100 bis 110 in der Hamburger Zentrale und 65 bis 75 im Außendienst.

Der Konzern will so 30 Millionen Euro jährlich einsparen. Hinzu kommt eine weitere Schrumpfkur. In den neun deutschen Unilever-Werken sollen die Kosten jährlich um zehn Prozent gesenkt werden. Wie viel Personal hier eingespart wird, ist laut Unilever-Sprecherin Katja Praefke noch offen. Der Konzern beschäftigt in Deutschland 6150 Mitarbeiter, davon 1200 in der Hamburger Zentrale, 350 im Außendienst, 4000 in den Werken und 350 in der Belieferung der Gastronomie.

"Die Nachricht kommt in einer Zeit, in der wir noch in der Umsetzung eines Ende 2007 verkündeten Kürzungsprogramms sind", sagte Bärbel Stricker, Betriebsratsvorsitzende von Unilever Deutschland. Nach diesem sollen bereits 190 Stellen wegfallen. Bärbel Stricker fürchtet, dass es nun zu betriebsbedingten Kündigungen kommt. Zudem plane das Unternehmen, seinen Mitarbeitern soziale Leistungen zu kürzen. "Unilever spart sich zu Tode. Wir brauchen stattdessen aber Perspektiven für das Unternehmen und die Mitarbeiter", sagt der Konzernbetriebsratsvorsitzende Günter Baltes. Er kritisierte außerdem, dass der neue weltweite Unilever-Chef Paul Polman Einbußen bei den Mitarbeitern fordert, während er selbst als "teuerster Lehrling der Welt in die Geschichte eingehen wird". Polmann hat für drei Monate Einarbeitungszeit bei Unilever 1,7 Millionen Euro erhalten, ehe er an die Konzernspitze rückte.

Unilever drosselt seine Beschäftigtenzahl in Deutschland schon seit einiger Zeit. So wurden in den vergangenen Jahren unter anderem Bereiche wie IT, Personal und Finanzdienstleistungen nach Polen ausgelagert und Unternehmensbereiche verkauft. "Zu Beginn der 1990er-Jahre arbeiteten noch 27 000 Menschen bei Unilever in Deutschland", sagte gestern Franz-Josef Möllenberg, Vorsitzender der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). "Die Abwärtsspirale bei dem Unternehmen dreht sich immer schneller." Lutz Tillack von der NGG bezeichnet den neuen Sparplan als "Katastrophe. Wir werden das nicht widerspruchslos hinnehmen", sagte er. Bärbel Stricker rät den betroffenen Mitarbeiter, Auflösungsverträge nicht zu unterschreiben.