Würde man das Drama um die US-Autoindustrie als Wildwest-Film inszenieren, dann wäre nun der Moment gekommen, an dem einer der Helden mit dunkler Stimme raunt: “Es wird Blut fließen.“ Die Hauptakteure der Rettungsaktion für General Motors...

Washington. Würde man das Drama um die US-Autoindustrie als Wildwest-Film inszenieren, dann wäre nun der Moment gekommen, an dem einer der Helden mit dunkler Stimme raunt: "Es wird Blut fließen." Die Hauptakteure der Rettungsaktion für General Motors und Chrysler sind natürlich in Washington und Detroit angesiedelt, dort läuft der große Showdown an: Am Montag gibt US-Präsident Barack Obama bekannt, ob er die Traditionskonzerne mit Staatsgeldern am Leben halten will. Von der Entscheidung wird auch das Schicksal der GM-Tochter Opel abhängen. Blut dürfte zumindest im übertragenen Sinne fließen: Eine Rettung wird für die Konzerne schmerzhaft ausfallen.

Die Anzeichen verdichten sich, dass die US-Regierung weiteres Geld in die Autokonzerne pumpen könnte. Sie will einen Kollaps der Branche verhindern, der Millionen Beschäftigte bei Autobauern und Zulieferern betreffen würde. "Wir werden ihnen eine Form von Hilfe zukommen lassen", kündigte Obama vor wenigen Tagen an. Die Regierung werde dabei aber eine Umstrukturierung erzwingen, die "drastisch und schmerzhaft" ausfallen werde. Obamas Auto-Berater Steven Rattner sagte in der "Detroit Free Press": "Unser Ziel ist nicht der Bankrott. Wir streben eine Lösung jenseits des Bankrott an."

Rattner leitet Obamas Krisenteam, das hinter den Kulissen mit den Autokonzernen um die Bedingungen für die Rettung feilscht. GM und Chrysler wollen weitere 21,6 Milliarden Dollar, um einen Konkurs abzuwenden. Im Dezember hatten sie bereits 17,4 Milliarden Dollar bekommen. Obamas Regierung steht vor einem Dilemma: Ein Kollaps der Autobauer könnte eine verheerende Kettenreaktion auslösen; allein GM hat derzeit 247.000 Beschäftigte. Eine Rettung aber würde die Gefahr bergen, dauerhaft Steuergelder in ein Fass ohne Boden zu werfen. Einem ähnlichen Dilemma sieht sich die deutsche Regierung bei Opel gegenüber.

Von einer weiteren Finanzhilfe der US-Regierung an General Motors wird es abhängen, ob und in welcher Organisationsform die europäischen Standorte von Opel überhaupt noch eine Zukunft haben. Im Grundsatz hatte sich die GM-Spitze kürzlich bei einem Besuch von Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) in Washington bereit erklärt, auf ihre seit 1929 gehaltene Anteilsmehrheit bei Opel zu verzichten.

Zu den vielen ungelösten Fragen zählt aber noch, was mit den Opel-Patenten geschieht oder den von GM an die US-Regierung verpfändeten Beteiligungen. Ohne die Patentrechte wäre ein von GM losgelöster Opel-Konzern kaum überlebensfähig. Auch der Einstieg eines Investors, wie ihn etwa Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) als Bedingung für weitere staatliche Hilfen fordert, ist noch nicht in Sicht.

Die Zukunft von Opel spielt in der US-Debatte über die Rettung der Autobranche praktisch keine Rolle. Doch im weiteren Schicksal von General Motors dürfte sich abzeichnen, was auch den Opelanern bevorsteht: GM-Werke dürften geschlossen und massenweise Arbeitsstellen gestrichen werden, die Gewerkschaften verhandeln bereits mit GM über Lohnverzicht. Dabei geht es auch um die Betriebsrenten und die betriebliche Krankenversicherung für ehemalige Mitarbeiter, die ihnen in Detroits Glanzzeiten zugesagt worden waren.

Auf knallharte Einschnitte wird Obamas Regierung schon aus politischem Kalkül bestehen müssen, um sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, leichtfertig Geld der Steuerzahler in eine hoffnungslos veraltete Branche zu stecken. Die gegnerischen Republikaner laufen bereits Sturm. Es muss also eine Gewaltkur her, welche die Unternehmen stark genug macht, um dauerhaft ohne Staatshilfe zu überleben. "Wenn die Unternehmen nicht umstrukturieren, werde ich ihnen das Geld der Steuerzahler nicht hinterherwerfen", drohte Obama.