Die deutschen Opel-Händler haben für eine Beteiligung am angeschlagenen Autobauer Opel abgestimmt: Mit bis zu 500 Millionen Euro aus einem gemeinsamen Rettungsfonds wollen sie die insgesamt 100.000 Jobs beim Autobauer sowie bei Händlern und Zulieferern in Deutschland retten.

Darmstadt. Die Idee ist mutig: Die Opel-Händler wollen in den kommenden drei Jahren 150 Euro pro verkauften Neuwagen in einen Rettungsfonds einzahlen und damit europaweit 400 bis 500 Millionen Euro zusammenbringen, wie der Verband Deutscher Opel- Händler (VDOH) am Donnerstag in Darmstadt berichtete.

Das Geld soll helfen, die Tochter des insolvenzgefährdeten US-Riesen General Motors aus der Krise zu führen und 35.000 Arbeitsplätze allein im deutschen Handel zu sichern.

"Dieser Verzicht tut uns weh, aber wir haben eine Verantwortung für die Mitarbeiter in den Händlerbetrieben", sagte VDOH-Sprecher Thomas Bieling am Donnerstag in Darmstadt. Er gehe davon aus, dass die Händler die Fahrzeuge trotz der schwierigen wirtschaftlichen Situation und des harten Wettbewerbs mit niedrigeren Margen verkaufen müssten.

Zum Teil könne dies aber auch mit geringeren Nachlässen ausgeglichen werden. Opel-Chef Hans Demant begrüßte die einstimmige Entscheidung: "Das ist ein wesentliches Signal an die Politik, dass wir bereit sind, für das Unternehmen zu kämpfen."

Beteiligung mit Bedingungen

Um wie angestrebt mehr als 400 Millionen Euro zusammenzubringen, müssten in den kommenden drei Jahren drei Millionen Autos von Opel und Vauxhall in Europa verkauft werden. In diesem Jahr rechnet der Verband mit 1,2 Millionen Einheiten. Im vergangenen Jahr wurden 1,4 Millionen Fahrzeuge abgesetzt, derzeit ist der Markt aber stark rückläufig - obwohl etwa in Deutschland mit der Abwrackprämie vorübergehend gegengesteuert wird.

Bieling bestätigte, dass Opel eigentlich nicht drei Jahre warten kann, bis die Händler die angepeilte Summe angesammelt haben: "Wir wissen, dass das Geld schnell gebraucht wird." Der VDOH habe deshalb bereits Gespräche mit Experten aufgenommen, um zu klären, ob das Kapital vorab ausgeschüttet werden kann. Entschieden sei aber noch nichts.

Die Beteiligung ist an mehrere Bedingungen geknüpft. Die Händler verlangen unter anderem, dass das neue Unternehmen eine eigenständige Aktiengesellschaft mit Sitz im hessischen Rüsselsheim wird, an der GM nur noch eine Minderheitsbeteiligung halten darf. Ferner müsse auch die Regierung Verantwortung übernehmen und einen Beitrag zur Rettung des Autobauers leisten: "Wir wissen, dass unsere Beteiligung nicht die gesamte neue Firma Opel finanzieren kann", sagte Bieling.

Hoffnung auf europaweite Zustimmung zum Beteiligungsmodell

Der VDOH strebt einen Anteil von zehn bis 20 Prozent an einer eigenständigen europäischen Opel/Vauxhall-Aktiengesellschaft mit Sitz in Rüsselsheim an. Zusammen mit den Arbeitnehmern sollen die Händler mehr als 25 Prozent der Anteile an dem neuen Unternehmen halten, hoffen VDOH und Betriebsrat. "Zusammen wollen wir versuchen, eine Sperrminorität zu organisieren", sagte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende von Opel, Klaus Franz. Damit wollen Arbeitnehmer und Händler mehr Einfluss auf die Geschäftspolitik des Autobauers nehmen.

Die Entscheidung aus Darmstadt soll den Weg für die europaweite Zustimmung der Händler zu dem Beteiligungsmodell ebnen. In den nächsten Wochen werden auch die anderen 26 nationalen Verbände über eine Beteiligung abstimmen. Der Dachverband EURODA will bei seiner Verbandsversammlung am 15. Mai in Wien endgültig über das Thema entscheiden. "Wir haben heute mit unserer Entscheidung eine Art Lokomotivfunktion und gehen davon aus, dass wir jetzt in allen europäischen Ländern das gleiche Ergebnis kriegen", sagte Esko Thüllen, Vertreter des VDOH bei EURODA, am Donnerstag in Darmstadt.

Nach Angaben des VDOH sind allein bei den 2000 Betrieben in Deutschland rund 35.000 Arbeitsplätze bedroht, sollte Opel nicht überleben. In ganz Europa beschäftigen die Opel-Händler 120.000 Menschen. Insgesamt gehe es allein in Deutschland um 100.000 direkte Jobs beim Hersteller, im Handel und bei Zulieferern.

Abkoppelung vom Mutterkonzern General Motors

Opel strebt eine weitgehende Abkopplung des Europa-Geschäfts vom US-Mutterkonzern an, kann dies aber nicht aus eigener Kraft schaffen. Vom Staat werden europaweit Hilfen von 3,3 Milliarden Euro für die nächsten zwei Jahre erhofft - über Bürgschaften, Kredite oder Beteiligungen. Neben den Händlern sollen auch die Arbeitnehmer im Gegenzug zu Lohneinschnitten an Opel Europa beteiligt werden.

Zudem werden weitere Investoren gesucht. Die Bundesregierung hat den prominenten Industrie- und Politikberater Roland Berger unter anderem damit beauftragt, die Suche nach internationalen Investoren für eine europäische Gesellschaft voranzutreiben.