Für eine Runde am Spielautomaten, vielleicht auch für zwei oder drei, hatten Americo und José Monteiro früher in Hamburg normalerweise keine Zeit.

Hamburg. Für eine Runde am Spielautomaten, vielleicht auch für zwei oder drei, hatten Americo und Jose Monteiro früher in Hamburg normalerweise keine Zeit. Doch jetzt ist Krise, und für die braucht man Geduld und Unterhaltung. Gestern morgen sind die beiden portugiesischen Brüder mit einer Ladung Wein aus Spanien im Hafen angekommen. Sie fahren für eine Spedition aus Wuppertal. Auf dem Autohof Köhlbrandbrücke warten sie mit ihrem Lastwagen auf neue Ladung für den Rückweg.

"Früher mussten wir im Hamburger Hafen nicht warten, doch seit Anfang Dezember merken wir ganz deutlich, dass weniger Güter ankommen", sagt Americo, der Ältere der beiden. "Das kann jetzt zwei oder drei Tage dauern. Einige Kollegen stehen hier schon seit dem Wochenende."

Die Rezession schlägt mittlerweile voll auf die Speditionsbranche durch. Auch in Hamburg verzeichnet das Gewerbe für das zurückliegende vierte Quartal 2008 deutlich sinkende Transportmengen. In der nächsten Zeit sei deshalb mit einer steigenden Zahl von Insolvenzen bei den regionalen Fuhrunternehmen zu rechnen, sagte Thomas Usinger, Co-Vorsitzender des Verbandes Straßengüterverkehr und Logistik Hamburg, dem Abendblatt. "Manche Unternehmen versuchen, die Krise mit Kurzarbeit oder auch mit Entlassungen zu überstehen. Für andere geht es allerdings bereits direkt um die Existenz."

Der Verband vertritt rund 400 Mitgliedsunternehmen mit 20 000 bis 25 000 Beschäftigten. Besonders gravierend ist laut Usinger die Abnahme des Containerverkehrs. Die Containertransporte per Lastwagen seien seit Oktober um 35 Prozent zurückgegangen. Bei Chemietransporten verzeichnet der Verband einen Rückgang um 25 Prozent, bei Transporten aller Art nach Russland sogar um 70 Prozent. "Mit diesen Zahlen geht es dem Gewerbe in Hamburg sogar noch vergleichsweise gut", sagte Usinger. "In Hessen zum Beispiel hängt die Branche sehr viel stärker von der Automobil- und der Chemieindustrie ab - und dort brechen die Aufträge derzeit ganz massiv weg."

Belastend sei für die Branche derzeit neben dem sinkenden Transportaufkommen vor allem die Erhöhung der Autobahnmaut, die zum 1. Januar wirksam wurde: "Je nach Gewicht des Lastwagens und dessen Schadstoffklasse steigt die Maut um 50 bis 90 Prozent", sagte Usinger. "Das lässt sich auch durch die in den vergangenen Monaten stark gesunkenen Dieselpreise nicht ausgleichen."

Usinger selbst führt ein Familienunternehmen mit 36 Mitarbeitern, das im vergangenen Jahr elf Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet hat. "Wir hoffen, dass wir diese Zahlen halten können", sagte er. "Wir fahren viel langfristige Projektladung, zum Beispiel Eisenbahnwaggons nach Russland oder Material für Großbaustellen. Da macht sich die Konjunkturkrise erst zeitversetzt bemerkbar."

Falko König aus Thüringen spürt die Krise bereits unmittelbar. "Notfalls muss ich leer zurückfahren", sagt er auf dem Autohof Köhlbrandbrücke. "Doch bevor man das tut, nimmt man im Zweifelsfall kurzfristig noch ein Billigangebot an - pauschal 150 Euro für 400 Kilometer Strecke."