Die zweitgrößte deutsche Privatbank gehört künftig zu 25 Prozent plus einer Aktie dem Staat. Börse reagiert erleichtert auf den Einstieg.

Hamburg. Nach der IKB, der Hypo Real Estate und mehreren Landesbanken trifft die Finanzmarktkrise nun eine der größten deutschen Privatkundenbanken mit voller Wucht: Die Commerzbank muss mit einer Kapitalspritze von weiteren zehn Milliarden Euro vom Bund gestützt werden, nachdem sie bereits zuvor acht Milliarden Euro Eigenkapital von ihm erhalten hatte. Damit ist die Commerzbank zu 25 Prozent plus einer Aktie in Staatshand.

Die Dramatik der Rettungsaktion spiegelte sich gestern im Aktienkurs der Bank wider: Am Nachmittag stürzte das Papier plötzlich steil bis auf ein Minus von mehr als 21 Prozent ab, nachdem an der Börse Spekulationen über ein neues tiefes Finanzloch bei der Commerzbank bekannt geworden waren. Doch dann kehrte sich die Kurstendenz ebenso abrupt um. Denn in dieser Minute teilte das Geldhaus mit, man erhalte vom Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) die zusätzlich benötigten Milliarden. Zudem werde die Allianz die Kapitalausstattung ihrer Tochter Dresdner Bank, die von der Commerzbank übernommen wird, deutlich stärken. So will der Versicherungsriese der Dresdner Not leidende Kreditpapiere im Nominalwert von zwei Milliarden Euro für einen Kaufpreis von 1,1 Milliarden Euro abkaufen, was die Bilanzstruktur der Bank erheblich verbessere. Darüber hinaus werde die Allianz eine stille Einlage in Höhe von 750 Millionen Euro zeichnen.

In der Bankenbranche regte sich gestern allerdings auch Unmut über die neuerliche Wettbewerbsverzerrung durch die Milliardenhilfe. Das Abendblatt sprach mit dem renommierten Finanzexperten Wolfgang Gerke über die Rettungsaktion.


Abendblatt:

Was halten Sie von dem staatlichen Einstieg bei der Commerzbank in diesem erheblichen Umfang?

Wolfgang Gerke:

Es ist bedauerlich, dass er notwendig geworden ist, auch weil die Commerzbank sich mit der Übernahme der Dresdner Bank übernommen hat. Insofern ist der Einstieg aus der Not geboren, aber es ist letztlich ein sinnvoller Schritt im Interesse des Steuerzahlers und des Mittelstands.



Abendblatt:

Ist die staatliche Kapitalspritze eine Gefährdung von Steuergeldern? Wie wahrscheinlich ist es, dass der Bund die Milliarden zurückbekommt?

Gerke:

Ich halte die Chance, dass der Staat das Geld zurückbekommt, für sehr hoch, auch wenn das nicht mehr in diesem Jahr sein wird. Denn ich gehe davon aus, dass die Fusion der beiden Banken am Ende doch gelingt, obwohl das sicher kein leichter Weg sein wird.



Abendblatt:

Wie wirkt sich die Teilverstaatlichung auf die Sicherheit der Kundeneinlagen bei der Commerzbank und der Dresdner Bank aus?

Gerke:

Die Kundengelder waren schon vorher sicher. Dafür sorgten der Einlagensicherungsfonds der Banken und die staatliche Garantieerklärung. Durch die Beteiligung des Bundes von 25 Prozent steigt nun aber die Reputation der Commerzbank.



Abendblatt:

Bedeutet die Hilfe für die Commerzbank nicht eine Wettbewerbsverzerrung, die andere Banken benachteiligt?

Gerke:

Der Rettungsschirm des Bundes steht allen Banken offen und wird ja auch von einigen anderen Instituten, darunter Landesbanken, in Anspruch genommen. Insofern ist das ein faires Angebot. Problematischer sehe ich es, dass einige Autobanken mit Kampfkonditionen am Markt tätig sind und sich nun auch noch vom Staat unterstützen lassen wollen.