Die Commerzbank wird mit einer Kapitalspritze von weiteren zehn Milliarden Euro vom Bund gestützt - und ist damit zu einem Viertel in Staatshand. Finanzexperten und Politiker beurteilen den Einstieg als notwendig.

Berlin. SPD-Chef Franz Müntefering hat den Staatseinstieg bei der Commerzbank verteidigt. "Das, was jetzt bei der Commerzbank passiert, ist ja keine Teilverstaatlichung", sagte Müntefering am Donnerstagabend im ZDF. "Der Staat tritt auf Zeit ein, aber er wird sich auch in einem baldigen und vernünftigen Augenblick wieder lösen."

Die Bundesregierung werde "jedenfalls auf die Geschäfte keinen Einfluss nehmen", so Müntefering. Es komme vielmehr darauf an, nun Stabilität in die ganze Situation zu bringen, damit die deutsche Wirtschaft wieder funktioniere, fügte der Sozialdemokrat hinzu.

Auch andere Experten rechtfertigen die erneute Kapitalspritze für die zweitgrößte Privatbank Deutschlands. So sagte der renommierte Finanzexperte Wolfgang Gerke dem Abenblatt, es sei zwar bedauerlich, dass dieser Schritt notwendig wurde - auch weil die Commerzbank sich mit der Übernahme der Dresdner Bank übernommen habe. "Insofern ist der Einstieg aus der Not geboren, aber es ist letztlich ein sinnvoller Schritt im Interesse des Steuerzahlers und des Mittelstands", so Gerke.

"Überraschender Befreiungsschlag"

Der Frankfurter Professor für Bankbetriebslehre, Martin Faust, sagte der "Berliner Zeitung", der Staatseinstieg sei "überraschend, doch es ist der Befreiungsschlag, den die Commerzbank jetzt benötigt". Mit dem Kauf der Dresdner Bank stehe die Commerzbank vor einer gewaltigen Aufgabe.

"Ohne den Einstieg des Bundes hätte die Übernahme der Dresdner wohl abgeblasen werden müssen", sagte Faust. "Und das hätte dramatische Folgen für alle Beteiligten nach sich gezogen." Die Teilverstaatlichung einer Privatbank sei in Deutschland zwar ein Novum, doch in Großbritannien sei der Staat schon an mehreren Instituten beteiligt. "In Deutschland sollte das aber ein Einzelfall bleiben."

Spätestens nach zwei Jahren sollte sich der Staat wieder zurückziehen, forderte Faust. Die Tatsache, dass der Staat jetzt Aktionär bei der Commerzbank sei, sei auch eine Chance: "Jetzt kann der Staat auch an den künftigen Gewinnen der Bank partizipieren und davon profitieren, wenn der Aktienkurs der Bank wieder steigt."

"Starkes Signal für starke commerzbank"

Das Bundesfinanzministerium sprach am Donnerstag in Berlin von einem "starkem Signal für eine starke Commerzbank". Die Beteiligung des Bundes sei "Wahrnehmung unserer Verantwortung für einen der großen deutschen Akteure am Finanzmarkt", sagte Sprecher Torsten Albig.

Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) erklärte, die direkte Beteiligung des Staates an der Commerzbank diene der besseren Versorgung der Wirtschaft mit Krediten. "Mit dem zusätzlichen Kapital kann die Commerzbank ihre Aufgabe besser erfüllen, die Wirtschaft mit Kapital zu versorgen", sagte er dem "Handelsblatt". Die Zeitung berichtet zudem, der Bund wolle baldmöglichst zwei Staatssekretäre in den Commerzbank-Aufsichtsrat entsenden.

Bund ist jetzt größter Commerzbank-Aktionär

Der Bund kaufte für 1,8 Milliarden Euro Commerzbank-Aktien und hält nun ein Viertel an der Bank. Damit ist der deutsche Staat mit Abstand der größte Commerzbank-Aktionär. Daneben hat die Bundesregierung inzwischen bereits 16,4 Milliarden Euro als sogenannte stille Einlagen der Bank zur Verfügung gestellt.

Eine stille Einlage führt der Bank zwar neues Eigenkapital zu, die Aktionärsstruktur bleibt aber unverändert. Damit müssen keine neue Aktien ausgegeben werden und der Wert der bisherigen Aktien wird nicht verwässert. Auch bekommt der Bund durch die stille Einlage kein Mitspracherecht.

Und für Commerzbank-Kunden besteht kein Grund zur Angst um ihr Geld: Für die Sicherheit der Kundengelder sorgen nach wie vor der Einlagensicherungsfonds der Banken und die staatliche Garantieerklärung.