Die unfreiwillige Auszeit der Designerin ist beendet. “Ich bin sehr erfreut“, sagt die 65-Jährige. Ihre erste Aufgabe ist eine neue Herbst-Winter-Kollektion.

Hamburg. Sie lächelt wieder, ergreift die Hand von Tadashi Yanai, dem Chef der japanischen Modekette Uniqlo. Nach einer eher ungewollten Auszeit wird die Hamburger Designerin das japanische Unternehmen als eine Art Oberdesignerin beraten.

Es geht ihr bei dem neuen Job um viel - um ihren guten Namen. Denn ihre frühere, von ihr in Pöseldorf gegründete, Firma Jil Sander wurde in den vergangenen Jahren heruntergewirtschaftet und im September an ein anderes japanisches Unternehmen verkauft - an Onward Holdings.

Mehr als den Namen hatte der Hamburger Designkonzern bereits seit fünf Jahren nicht mehr mit seiner Gründerin gemein. Als 1999 der italienische Prada-Konzern bei Jil Sander einstieg, verließ die Designerin das Unternehmen bald danach wegen unterschiedlicher Auffassungen über die künftige Ausrichtung. Zwar kam sie nochmals zurück, aber nur kurz. 2004 war das Tuch zwischen der Hamburger Modedesignerin und dem italienischen Unternehmen endgültig zerrissen. Prada indes hatte nach dem Ausscheiden der Gründerin keine Fortune mit der Hamburger Firma, verkaufte sie an einen Finanzinvestor, der sie nun an Onward abgab.

Jil Sander hingegen konnte sich nie an den Status als Modeikone ohne eigenes Imperium gewöhnen. Sie mied die Öffentlichkeit, wollte von niemandem erkannt und angesprochen werden. Selbst bei ihrer morgendlichen Walkingrunde rund um die Alster trug sie stets ein langärmliches Kapuzenshirt oder eine Schirmmütze tief ins Gesicht.

Jetzt kam eine neue Chance für die Multimillionärin - wohl auch, weil der Name Jil Sander, der in den Jahren unter Prada zwar in der schrillen und schnelllebigen Modewelt verblasste, in Japan aber nie an Glanz verlor. Während Onward Holdings für 167 Millionen Euro im vergangenen September die Marke kaufte, holte sich Tadashi Yanai von Uniqlo jetzt das Original.

Unter Jil Sander, die Kraft aus fernöstlichen Philosophien schöpft und auch des Öfteren zum Meditieren in japanischen Klostern weilte, soll Uniqlo weltweit expandieren - vor allem in Europa. Das Unternehmen will sogar Europas trendsetzenden Hersteller H&M angreifen. Derzeit werden farbenfrohe Pullover, Hosen oder Jacken der Marke nur in Japan, China, Südkorea, Hongkong, in den USA, in Frankreich oder Großbritannien angeboten.

"Ich bin sehr erfreut", kommentierte die Designerin gestern in Tokio ihre neue Mission. Mit der Aufgabe wird Jil Sander wieder einmal ein für sie völlig neues Terrain betreten. Wie damals, 1968, als die gelernte Textilingenieurin und Journalistin ihren Job an den Nagel hängte, um ihre erste eigene Boutique in der Milchstraße zu eröffnen. Die modehungrigen Damen aus der besseren Harvestehuder Gesellschaft verfielen der Bekleidung der jungen Gründerin schnell. Die nächste Veränderung ergab sich deswegen fix. Jil Sander baute die Boutique zum Modekonzern mit Accessoires, Parfüms und Kosmetik aus. Dann der Riss nach dem Ausstieg bei der eigenen Firma. Jil Sander brauchte Zeit, um sich von hässlichen Erfahrungen damals zu erholen.

Wie ihr neuer Arbeitsauftrag genau aussieht, bleibt ein Geheimnis. Doch dürfte der Designerin die kreative Leitung für die Uniqlo-Damen- und Herrenkollektionen in die Hände gelegt worden sein. Auch eine Kollektion mit der typisch minimalistischen Handschrift soll erstellt werden. Die neue Aufgabe scheint für die Designerin nur auf den ersten Blick bekanntes Terrain zu umfassen. Sie, die Luxuslady, die bei ihren Kreationen aus dem Vollen schöpfen konnte, muss sich umstellen. Luxuriöse, aber bezahlbare Massenproduktion lautet nun ihre Herausforderung.