In der krisengebeutelten Autostadt stehen Häuser für Preise ab einem Dollar zum Verkauf: Mindestens 1800 Immobilien, die einmal das Zehnfache wert waren, sind für weniger als 10.000 Dollar zu haben. Die Gelegenheit lockt Investoren sogar aus Großbritannien und Australien an.

Detroit. Angesichts solcher Schleuderpreise werden manche Käufer unbescheiden: "In den letzten paar Monaten habe ich zehn neue Kunden von außerhalb gewonnen, die en bloc kaufen", berichtet der Makler Mike Shannon. Seine Agentur hat sich auf Zwangsvollstreckungen spezialisiert, bei denen Detroit US-weit mit an der Spitze liegt.

"Sie kommen zu uns und wollen 50, 100, 1000 Häuser. Sie wollen jedes anständige und billige Haus, das sie kriegen können." Im Gegensatz zum stagnierenden Immobilienmarkt herrscht bei Zwangsvollstreckungen ein regelrechter Boom. Shannon erhält laufend Anrufe von Interessenten und hat kürzlich 30 Objekte an einem Tag an einen Käufer losgeschlagen.

Eine Gruppe von drei Anlegern aus Großbritannien hat ein halbes Dutzend Häuser erstanden und will noch mehr. "Ich dachte, es wäre ganz interssant, sich mal umzuschauen", sagt Darren Veness aus Brighton.

Galoppierender Preisverfall

Detroit mit seiner einst blühenden Autoindustrie hatte früher eine der höchsten Quoten selbst genutzten Wohneigentums in den USA. Anders als in vielen anderen Großstädten prägen hier nicht große Wohnblocks, sondern Einfamilienhäuser das Stadtbild. Für Anleger ist es wegen des großen Angebots und der vergleichsweise stark gefallenen Preise besonders interessant.

Selbst der staatlich subventionierte soziale Wohnungsbau wurde mitgerissen. Für solche Häuser stürzte der Durchschnittspreis von 46.702 Dollar 2003 auf 8692 Dollar 2008 ab. Anfang dieses Jahres waren es nur noch 6.035 Dollar.

Was macht das mit einer Stadt, deren Einwohnerzahl seit den 50er Jahren um die Hälfte geschrumpft ist? Gewinner könnten die Mieter solcher Häuser seien, die von einem anständigen neuen Besitzer renoviert werden. Pech für sie, wenn sie an einen weniger angenehmen Vermieter geraten. Die immer weniger werdenden Nachbarn, denen ihr Haus noch selbst gehört, hätten auch etwas davon, wenn leerstehende Häuser hergerichtet und wieder bewohnt würden - wenn auch ihr eigenes Heim nur noch einen Bruchteil dessen wert ist, was sie bezahlt haben oder noch abzahlen müssen.

"Überall Zwangsvollstreckungen"

Novella Willis wohnt schon lange in der Cruse Street und wird ihre Hypothek bald abgezahlt haben. Sorgenvoll schaut die Rentnerin sich in der Nachbarschaft um: "Wenn Sie zur nächsten Ecke gehen, sehen Sie überall Zwangsvollstreckungen." Das sind nicht die berüchtigten Ein-Dollar-Häuser, sondern gepflegte Backsteinbauten mit gepflasterter Einfahrt, gestutzten Büschen und neuen Fenstern, für weniger als 10.000 Dollar. "Ein Traum für Investoren", findet Makler Shannon.

Willis findet, dass die Vermietungen dem Viertel nicht gutgetan haben. "Bei ein paar Häusern auf der anderen Straßenseite geben sich die Mieter die Klinke in die Hand", klagt sie. "Sie bleiben nicht lange, drei oder vier Monate vielleicht. Sie mähen kaum mal den Rasen oder räumen den Schnee weg. Die Besitzer kriegt man nie zu Gesicht, bis die Leute wieder ausziehen."

Wette auf bessere Zeiten

Investoren haben auch schon Häuser vor dem Verfall gerettet. Anthony Pierson und Henry Suell wohnen im Umland und haben in Detroit ein Objekt für 8500 Dollar gekauft. Nach ein paar Schönheitsreparaturen wollen sie es binnen eines Monats vermieten, mit den Einnahmen die Steuer und laufende Kosten decken und vielleicht ein bisschen Geld machen, wenn die Immobilienpreise wieder anziehen. "Wir wollen einfach in das Haus investieren und etwas für das Viertel tun", erklärt Suell.

Veness und seine britischen Kollegen haben schon drei ihrer sechs Häuder vermietet. "Rechnen Sie es sich aus: Man kann ein Haus für 20.000 Dollar kaufen und renovieren und dann für 900 Dollar im Monat vermieten. In drei, vier Monaten haben sie die Steuer wieder raus." Veness sieht sich nicht als Vermieter, der weit weg sitzt und sich nicht kümmert. Er beschäftigt ortsansässige Bauarbeiter und Hausverwalter und kam letzten Monat wieder nach Detroit, um nach dem Rechten zu sehen - und um weitere Häuser zu kaufen. "Jetzt ist der richtige Zeitpunkt", glaubt er. "In den nächsten zehn Jahren wird sich einiges ändern."