US-Notenbankchef für weitere Hilfen. Experten hoffen im Herbst auf eine Belebung der US-Konjunktur.

Hamburg. Die US-Börse versetzt dem Optimismus des amerikanischen Präsidenten immer wieder harte Rückschläge. Obwohl Barack Obama schon Mitte Februar mit einem 800 Milliarden Dollar schweren Konjunkturpaket den "Anfang vom Ende der Krise" ausrief, wurde das von der Börse nicht honoriert. Trotz Inkrafttretens des größten Konjunkturprogramms der US-Geschichte erreichte die Börse immer neue Tiefstände. Der Dow Jones Index, das wichtigste Börsenbarometer der Welt, notiert inzwischen unter 7000 Punkten.

Keinen Eindruck auf die Börse machte ein neues 200-Milliarden-Dollar-Programm, mit dem der Kreditmarkt jetzt für Privatpersonen und kleine Verbraucher wieder in Gang kommen soll. US-Notenbankchef Ben Bernanke rechtfertigte die erhöhte Staatsverschuldung gestern als notwendiges Übel im Kampf gegen die Rezession: "Wir haben die Lage am Bankensektor eindeutig noch nicht stabilisiert."

Dass die Börse, die gern bis zu zwölf Monate vorausschaut, die Rettungspakete komplett ignoriert, sehen Experten einer besonderen Situation geschuldet. "Die Nachrichten sind zu schlecht, als dass die Börse sie einfach vernachlässigen kann", sagt Jochen Intelmann von der Haspa. Gemeint sind drohende Verstaatlichungen von Banken und Versicherungen. "Die Börse will erst Erfolge sehen", sagt Intelmann. Auch Michael Bräuninger vom Hamburger Welt-Wirtschafts-Institut (HWWI) sieht in den hohen Abschreibungen der Banken einen Grund dafür, dass die Börse noch keine Wende markiert. 1,1 Billionen Dollar haben die Geldinstitute der USA bereits abgeschrieben. Doch Experten erwarten, dass damit noch nicht einmal die Hälfte der Abschreibungen erfolgt sind.

"Nach den Immobilienkrediten werden viele Firmenkredite wegen der schweren Rezession Probleme bereiten", sagt Daniel Schwarz von der Hamburger Berenberg Bank. Außerdem sieht er in der gigantischen Verschuldung der Verbraucher und der Firmen eine Ursache für die Abwärtsspirale. Allein die US-Verbraucher sind mit 42 Billionen Dollar verschuldet. "Der Prozess der Entschuldung wird dauern und er behindert das Wachstum", sagt Schwarz. Außerdem ist das Vermögen der Amerikaner dramatisch geschmolzen.

Zehn Billionen Dollar haben die US-Aktien seit ihrem Hoch im Oktober 2007 verloren. Das sind mehr als 50 Prozent des Gesamtwertes. Seit 2006 haben die Immobilien sechs Billionen Dollar an Wert eingebüßt. "Da die Renten der Amerikaner viel stärker von Aktieninvestments abhängig sind, wird das nicht ohne Konsequenzen bleiben", sagt Jörg Boysen, Experte für den US-Markt bei der Fondsgesellschaft Union Investment. "Der Renteneintritt wird sich für viele nach hinten verschieben", sagt Boysen. Gleichzeitig steige die Sparquote, sodass weniger Geld in den Konsum fließen kann.

Die Wirkung des Konjunkturprogramms erwarten die Experten für das dritte Quartal. "Dann sollten die Rückgänge beim Bruttoinlandsprodukt beendet sein", sagt Bräuninger. "Abgesehen von der Automobilindustrie sind die Industrieunternehmen in den USA gut aufgestellt", sagt Holger Bahr, Leiter Volkswirtschaft der Deka Bank. Über alle Branchen hinweg könnten neue Arbeitsplätze entstehen, die die Verluste in der Finanzbranche ausgleichen. "Jetzt bauen die Unternehmen viele Stellen ab, aber sie sind flexibel genug, in der Aufschwungphase rasch wieder einzustellen", sagt der Experte.

Wie tief der Dow Jones noch fallen kann, wollen die Experten nicht sagen. "Das kann zurzeit nicht seriös beantwortet werden", sagt Boysen.

Bei den erneuerbaren Energien erwartet Bräuninger sogar eine neue Dynamik in der US-Industrie. "Das Land hat immer wieder bewiesen, dass es sich schnell aus Krisen befreien kann." Obamas Optimismus teilt er aber nicht. Der Präsident erwartet für 2010 bereits wieder ein Wachstum von 3,2 Prozent. Bräuninger: "Das ist sehr optimistisch."