Hintergrund ist der “starke und synchronisierte Abschwung“ der Weltwirtschaft: Die Notenbanker in London haben den Leitzins um einen halben Prozentpunkt auf das historische Tief von 1,0 Prozent gesenkt. Die Europäische Zentralbank hingegen beließ ihren Leitzins bei 2,0 Prozent.

London. Die Bank von England hat im Kampf gegen die Rezession den Leitzins um einen halben Prozentpunkt auf ein historisches Tief gesenkt. Mit 1,0 Prozent ist der Zinssatz, zu dem sich Banken bei der Zentralbank Geld leihen können, jetzt so niedrig wie nie zuvor in der über 300-jährigen Geschichte der Notenbank.

"Die weltweite Wirtschaft wird von den Schmerzen eines starken und synchronisierten Abschwungs geplagt", teilten die Notenbanker am Donnerstag mit. Allerdings dürften die Zinssenkungen in Großbritannien zusammen mit den staatlichen Konjunkturprogrammen, dem Verfall des Pfunds und den gesunkenen Rohstoffpreisen die Wirtschaft im Jahresverlauf kräftig ankurbeln. Die Europäische Zentralbank (EZB) schloss sich dem Schritt der Bank von England nicht an und beließ ihren Leitzins bei 2,0 Prozent.

Neben der Schwäche der Wirtschaft war offenbar auch die zuletzt rasant gefallene Inflation ein Grund für die Zinssenkung der Bank von England. Es bestehe das Risiko, dass die Teuerung in den kommenden Monaten das Ziel der Notenbank von zwei Prozent unterschreite, hieß es. Das könnte in der zweiten Jahreshälfte der Fall sein. Bei einer zu niedrigen Inflation besteht nach Einschätzung vieler Experten die Gefahr einer Deflationsspirale.

Experten sehen nun den Spielraum der britischen Notenbank für weitere Zinssenkungen begrenzt und erwarten neue Wege in der Geldpolitik. "Die anderen Waffen im Arsenal der Bank werden jetzt scharf gemacht für den Angriff - erstens der Aufkauf von Wertpapieren, zweitens die Geldpresse", sagte RBS-Analyst Stuart Porteous. Zumal mit Zinssenkungen allein kein Ausweg aus der Wirtschaftskrise gefunden werden könne, sagte Michael Coogan von der Vereinigung der Hypothekenanbieter.

Beim sogenannten "quantitative Easing" steuern die Notenbanken die Geldmenge direkt über den Kauf von Anleihen oder anderen Wertpapieren, wenn sie den Leitzins nicht mehr weiter senken können. Vorbild hier ist die US-Notenbank Fed, die ihren Leitzins im Dezember auf eine Spanne zwischen Null und 0,25 Prozent gesenkt hat. Ziel dieser Mengenpolitik ist es, eine Kreditklemme zu verhindern. Pionierarbeit leistete zu Anfang des Jahrzehnts die Bank von Japan, die damit auf die jahrelange Wirtschaftsflaute und Deflation in den 90er Jahren reagierte.

Die britische Wirtschaft, die besonders abhängig von der gebeutelten Finanzbranche ist, steckt derzeit tief in der Rezession. Der Internationale Währungsfonds (IWF) sagt ihr ein Schrumpfen um 2,8 Prozent in diesem Jahr voraus - damit wäre das Land so stark von der Wirtschaftskrise getroffen wie kein anderer Industriestaat.