Nach dem Börsengang-Hype hagelt es von vielen Seiten Kritik, Klagen und US-Behörden sind aktiv. Dazu die wichtigsten Fragen und Anworten.

Berlin/New York. Erst kam der Kursabsturz, jetzt folgen Klagen und Untersuchungen der Aufsichtsbehörden zuhauf. Was noch vor wenigen Tagen als größter Börsengang eines Internetunternehmens gefeiert wurde und hochfliegende Gewinnfantasien weckte, wächst sich zunehmend zum Fiasko aus. Hier die wichtigsten Fragen und Anworten:

Nach dem Hype hagelt es plötzlich Klagen, die US-Finanzaufsicht und auch der Kongress sind aufmerksam geworden. Warum?

Die Investmentbanken, die den Facebook-Börsengang eingefädelt hatten, sollen ihre Umsatzprognosen für das Netzwerk nach unten korrigiert haben – das dann aber nur einigen handverlesenen Großkunden mitgeteilt haben. Kleinere Investoren bekamen dagegen nichts mit. Nun forschen staatliche Regulierer und Aufseher der Industrie nach Mauscheleien. Mehrere Investoren strengten schon eine Klage vor einem Gericht in Manhattan an. Auch zwei Ausschüsse des US-Kongressen haben sich inzwischen in den Fall eingeschaltet.

+++ Nach Fall der Aktie: Zieht Facebook jetzt um? +++

Haben die Banken, zu denen Branchengrößen wie Goldman Sachs und Morgan Stanley als Konsortialführer des Aktiendebüts zählen, gegen geltendes Recht verstoßen?

Das renommierte „Wall Street Journal“ nennt es „eines der am besten gehüteten Geheimnisse“ der Wall Street, dass die an Börsengängen beteiligten Geldhäuser es sich sehr wohl aussuchen dürfen, an wen sie wichtige Informationen weitergeben. Die Investmentbanken sehen darin kein Problem: Schließlich bezahlen ihre Kunden teuer dafür, sagen sie. In allen anderen Fällen ist in den USA solch eine „selektive Veröffentlichung“ durch Unternehmen und Wall-Street-Firmen aber verboten. Banken, die Börsengänge einfädeln, dürfen sogar bis 40 Tage nach Handelsstart keine Analysen an die Öffentlichkeit geben. Manche Finanzjuristen fordern, diesen sehr ungleichen Informationsfluss per Gesetz zu unterbinden.

Ein Viertel der vorigen Freitag ausgegebenen Aktien war für Privatanleger bestimmt – sehr viel für einen Börsengang dieses Kalibers. Können sie auf Entschädigung hoffen, nachdem der Kurs bis zum Mittwoch um rund 16 Prozent abgestürzt ist?

Morgan Stanley will nach Informationen des „Wall Street Journal“ von Fall zu Fall „Anpassungen“ bei den Kaufpreisen vornehmen, wenn Kunden während des Börsengangs am Freitag zu viel gezahlt haben. Details werden aber nicht genannt.

Warum ist Facebook überhaupt mit einem Preis von 38 Dollar an den Start gegangen, wenn hinterher alles in sich zusammenfällt? Gab es keinerlei Warnungen?

Es wird immer deutlicher, dass Facebooks Wert bei weitem überschätzt wurde. Ob absichtsvoll oder nicht, ist noch unklar. Im Nachhinein nennen Fachleute die Aussicht, dass das erst acht Jahre alte Online-Netzwerk eine 100-Milliarden-Dollar-Firma sein sollte und die Aktie eine Bewertung wie zu Zeiten der Internet-Blase zu Beginn des Jahrtausends hatte, „lächerlich“. Warnzeichen hatte es durchaus gegeben: Ende April hatte Facebook mitgeteilt, dass das Wachstum stockt und dass im ersten Quartal der Umsatz um sechs Prozent zurückging. Der Gewinn brach sogar um 32 Prozent ein. Zugleich wurde der Aktienpreis in die Höhe geschraubt und die Zahl der Anteile, die zum Börsengang ausgegeben werden sollten, erheblich ausgeweitet.

Wer sind die Profiteure des Börsengangs?

Auf jeden Fall diejenigen, die schon vor Jahren in Facebook investiert und ihre Anteile am Freitag auf dem Höchststand abgestoßen haben. Facebook selbst sammelte 16 Milliarden Dollar ein. Gut verdient haben aber auch die Banken, die hinter dem Börsendebüt standen. So sackten Morgan Stanley und andere Geldhäuser nach Informationen des „Wall Street Journal“ rund 100 Millionen Dollar durch komplizierte Manöver ein, die zur Stabilisierung des abstürzenden Kurses dienten. Hinzu kommen noch die millionenschweren Gebühren für die Organisation des riesigen Börsengangs. (dapd/abendblatt.de)