Griechenland und Frankreich lassen die Kurse trudeln und den Euro absacken. Die Sorge, wie es mit der Finanzkrise weitergeht, wächst.

Frankfurt/Paris. Die Wahlergebnisse in Griechenland und in Frankreich haben am Montag die Finanzmärkte stark belastet und die Kurse auf Talfahrt geschickt. Vor allem die sehr schwierige Regierungsbildung in Athen drückte die Aktienkurse in den Keller und belastete den Euro . Der Sieg des Sozialisten François Hollande bei der französischen Präsidentenwahl war hingegen von den Märkten bereits erwartet worden. Insgesamt dürfte der Kampf gegen die Schuldenkrise aber schwieriger werden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat am Montag Griechenland aufgefordert, am Sparkurs festzuhalten. Es sei jetzt von allergrößter Wichtigkeit, dass die neue Regierung die mit Europäischer Union und Internationalem Währungsfonds (IWF) vereinbarten Programme fortsetze. Der von Griechenland eingeschlagene Weg sei zwar beschwerlich und schwierig, müsse aber weitergegangen werden. Das Wahlergebnis sei „nicht unkompliziert“, räumte die Kanzlerin ein. Aber Griechenland müsse das Ergebnis jetzt selbst auswerten und sehen, welche Konstellationen sich ergeben könnten.

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Die beiden griechischen Regierungsparteien erlitten bei der Parlamentswahl am Sonntag eine herbe Schlappe. Die Griechen liefen in Scharen zu den Kritikern der harten Sparprogramme über, die dem Land für internationale Milliarden-Hilfen auferlegt wurden. Eine Mehrheit der Parteien, die den Sparkurs unterstützen, gibt es demnach nicht.

Besonders heftig reagierte der griechische Aktienmarkt auf das Wahlergebnis. Der Leitindex in Athen büßte mehr als 7 Prozent an Wert ein. Der FTSE/ASE 20, der die 20 größten börsennotierten Unternehmen des Landes umfasst, brach sogar um mehr als 9 Prozent ein. Damit markierte er den tiefsten Stand seit Oktober 2008. Am schlimmsten traf es die griechischen Finanzwerte, die prozentual zweistellige Kursverluste erlitten.

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In Deutschland sackte der Dax auf ein Dreimonatstief. Der Leitindex erholte sich allerdings im Handelsverlauf etwas von seinen noch deutlicheren Verlusten im frühen Handel. Gegen Mittag sank er um relativ moderate 1,03 Prozent auf 6494 Punkte. Kurz nach Börseneröffnung hatte der Dax mehr als 2,3 Prozent an Wert verloren.

Auch der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, reagiert mit Sorgen auf die Wahlergebnisse, wobei der Konjunkturexperte die griechische Wahl kritischer sieht. Die Handlungsfähigkeit Griechenlands stehe nach dem unklaren Ergebnis auf dem Spiel, sagte Hüther am Montag. Falls sich keine Regierung bilde, die am Euro und dem Sparkurs festhalte, drohe eine Insolvenz.

Der französische Präsidentschaftswahl mache die Situation in Europa zwar nicht einfacher, sagte Hüther. Er sprach von „kräftigen Formulierungen“ des Wahlgewinners François Hollande. „Aber eigentlich ist das alles so formuliert, dass man Brücken bauen kann.“ So schlage er eine Neuverhandlung des Fiskalpaktes vor, um diesen mit einem Wachstumspakt zu ergänzen. Darüber könne man durchaus sprechen, sagte Hüther.

Doch nicht nur der griechische und deutsche Leitindex reagierten mit kräftigen Abschlägen. Auch an anderen Finanzplätzen ging es abwärts: Die Wahlergebnisse drückten den EuroStoxx 50 auf den tiefsten Stand seit Ende Dezember. Doch immerhin konnte der Leitindex der Eurozone seine Anfangsverluste etwas eindämmen. Gegen Mittag notierte er noch 0,68 Prozent tiefer bei 2233,03 Punkten und setzte damit den Sinkflug der vergangenen zwei Handelstage mit gebremstem Tempo fort. In Paris ging es für den französischen Leitindex Cac 40 um 0,59 Prozent auf 3143,29 Punkte nach unten. Die Börse in London blieb feiertagsbedingt geschlossen.

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Auch in Asien setzten die Aktienmärkte die zuletzt schwache Entwicklung fort: Der MSCI Asia Apex 50, der die Aktienkurse der 50 größten Unternehmen Asiens exklusive Japan abbildet, büßte mehr als 2 Prozent ein. An der Börse in Hongkong verlor der Hang-Seng-Index mehr als 2 Prozent. Der Shenzhen CSI 300 Index, der die Aktien der 300 größten Unternehmen vom chinesischen Festland mit einer Börsennotierung in Shanghai oder Shenzhen enthält, schaffte indes als einer der wenigen Gewinner ein kleines Plus. In Tokio schloss der Leitindex Nikkei 225 nach einer zweitägigen Handelspause jedoch um 2,78 Prozent schwächer bei 9119,14 Punkten. Er sank damit auf den tiefsten Stand seit Mitte Februar.

Die Sorgen an den Aktienmärkten drehten sich vor allem um die ungewisse Lage nach dem Wahlausgang in Griechenland: Konservative und Sozialisten können in Athen weder alleine noch zusammen weiter regieren. Bisher hat sich auch noch keine weitere Partei bereit erklärt, eine neue Regierung zu ermöglichen. „Im neuen griechischen Parlament gibt es keine Mehrheit mehr für den mit IWF und EU vereinbarten Konsolidierungskurs", sagte Commerzbank-Experte Christoph Weil.

Stark unter Druck geriet der Eurokurs. Die Gemeinschaftswährung fiel im asiatischen Handel zeitweise bis auf 1,2962 US-Dollar, nachdem der Kurs am Freitag noch deutlich über der Marke von 1,31 US-Dollar notiert hatte. Zuletzt erholte sich der Euro jedoch etwas und wurde mit 1,3011 Dollar gehandelt.

Die Reaktion an den Anleihemärkten blieb eher verhalten. So legten die französischen Kurse sogar zu, die Rendite der zehnjährigen französischen Staatsanleihe fiel leicht. In Italien und Spanien sorgte die zunehmende Verunsicherung hingegen für steigende Risikoaufschläge bei den Anleihen. Besonders deutlich war die Reaktion jedoch am griechischen Anleihemarkt, wo die Rendite für Zehnjahrespapiere um fast zwei Prozentpunkte auf zeitweise über 22 Prozent stieg. Dagegen gab die Rendite der als besonders sicher geltenden zehnjährigen Anleihe Deutschlands um 0,01 Prozentpunkte auf 1,570 Punkte nach.

Nach den Wahlen sieht Berenberg-Chefvolkswirt Holger Schmieding die Euro-Rettung vor neuen Hürden. „Es ist eine prekäre Situation, die vor allen Dingen erfordert, dass Deutschland und Frankreich möglichst rasch auf eine gemeinsame Linie kommen und den Märkten signalisieren, dass sie die Lage in Europa unter Kontrolle halten werden – und zwar egal, wie es in Griechenland ausgehen wird“, sagte Schmieding am Montag der Deutschen Presse-Agentur in Frankfurt.

Trotz der Misstöne im Vorfeld der französischen Präsidentschaftswahl rechnet Schmieding damit, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der Sozialist Hollande gut zusammenarbeiten werden. Anders als Deutschland plädiert Hollande für einen deutlich weniger harten Sparkurs in der Schuldenkrise und für Wachstumspläne.

Die Unsicherheit an den Märkten dürfte zunächst anhalten. Während sich in Griechenland noch keine handlungsfähige Regierung abzeichnet, geht in Frankreich der Wahlkampf weiter. Im Juni stehen dort die wichtigen Parlamentswahlen an. (dpa/dapd/abendblatt.de)