Spätere Berufsstart, mehr Teilzeit und Arbeitslosigkeit: Immer mehr Arbeitnehmer bekommen große Probleme bei ihrer Altersvorsorge.
Düsseldorf. Das Arbeitsleben der meisten Menschen in Deutschland ist in den vergangenen Jahrzehnten immer brüchiger und kürzer geworden. Die Dauerarbeitslosigkeit habe in allen Berufsphasen – vom Einstieg bis zum Arbeitsende – zugenommen, ergab eine am Mittwoch veröffentlichte Studie des Internationalen Instituts für Empirische Sozialökonomie (INIFES). Diese Veränderungen verursachten bald große Probleme in der Alterssicherung, sagten die Autoren der Studie voraus: Nicht nur verlange die gesetzliche Rente einen möglichst lückenlosen und langen Erwerbsverlauf, hinzu kämen die aufgrund von Reformen generell sinkenden Rentenansprüche.
Das INIFES untersuchte, wie sich die Erwerbsbiografien zwischen 1984 und 2007 verändert haben. Die Wissenschaftler betrachteten dabei drei Phasen des Berufslebens: den Berufseinstieg der 20- bis 30-Jährigen, die Kernerwerbsphase der 30- bis 50-Jährigen und den Altersübergang bei 50- bis 65-Jährigen. Die Einstiegsphase hat sich der Studie zufolge stark verändert: Der durchschnittliche Berufsstart verschob sich nach hinten, da die Ausbildung länger dauerte. Vor allem aber spiele mittlerweile die Arbeitslosigkeit auch in diesem Alter eine deutlich höhere Rolle – für Männer genauso wie für Frauen, in Ost- genauso wie in Westdeutschland. Der Anteil von Langzeitarbeitslosen, die mehr als zweieinhalb Jahre ohne Job waren, verfünffachte sich zwischen dem Zeitraum von 1985 bis 1989 und 2003 bis 2007 von einem Prozent auf fünf Prozent.
„Arbeitslosigkeit wird zur allgemeinen Erfahrung“, schrieben die Studienautoren Ernst Kistler und Falko Trischler. Das bringe dauerhafte Nachteile, weil die verpasste Berufserfahrung später fehle und in dieser Zeit keine relevanten Rentenansprüche gesammelt würden. Die Studie stellte zudem fest, dass schon Berufseinsteiger mittlerweile deutlich häufiger Teilzeit arbeiten als früher. Betroffen sind vor allem Frauen. Die Kernerwerbsphase hat sich der INIFES-Studie zufolge über die Jahrzehnte am wenigsten verändert. Wesentliche Neuheit sei, dass inzwischen deutlich mehr Frauen arbeiteten als früher, schrieben die Forscher. Allerdings führte das demnach nicht zu einem erheblichen Zuwachs von Frauen in Vollzeitstellen, sondern in mehr geringfügiger und Teilzeitbeschäftigung. Jede sechste westdeutsche Frau zwischen 30 und 50 bleibe zudem immer noch die die meiste Zeit dem Arbeitsmarkt fern.
Arbeitslosigkeit und prekäre Jobs sind in der Kernerwerbsphase der Studie zufolge weiter seltener als in den anderen Phasen des Arbeitslebens. Dennoch hätten zwischen 2003 und 2007 immerhin 20 Prozent dauerhaft ein sogenanntes atypisches Arbeitsverhältnis gehabt, und sieben Prozent waren mehr als zweieinhalb Jahre arbeitslos. Die Zeiten von Arbeitslosigkeit sind dabei für Geringqualifizierte genauso wie für Akademiker gestiegen. Deutliche Veränderungen wiederum stellten die Forscher beim Übergang zur Rente fest – der immer seltener direkt ist. Verbreitet sind demnach inzwischen trotz Rentenabschlägen Frühverrentungen. Immer mehr Menschen seien aber auch noch kurz vor der Rente arbeitslos. Damit würden vor allem künftige Ostrentner, aber auch die Menschen im Westen nicht mehr auf stabile Erwerbsbiografien zurückblicken können, warnten Kistler und Trischler.