Im Schnitt 18,7 Prozent weniger Geld schon zu Beginn der Berufslaufbahn.
Hamburg. Trotz aller Gleichstellungsbemühungen liegen die Gehälter von deutschen Frauen im Schnitt noch immer deutlich unter denen von Männern - schon am Anfang der Karriere. Frauen verdienen in den ersten drei Berufsjahren im Schnitt 18,7 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung im Auftrag des Bundesfamilienministeriums. Bei Frauen mit vier bis zehn Jahren Berufserfahrung wächst der Gehaltsabstand zu Männern dann sogar im Schnitt auf 21,8 Prozent.
Je nach Wirtschaftszweig und Berufsgruppe fallen die Gehaltsdifferenzen unterschiedlich stark aus. So verdienen Männer als Berufsanfänger bei Energie- und Wasserversorgern nur knapp fünf Prozent mehr als Frauen. In EDV- und Telekommunikationsberufen sind es zehn Prozent, bei Banken und Versicherungen mehr als 21 Prozent.
"Diese Abstände lassen sich weder durch unterschiedliche Bildungsvoraussetzungen noch durch eine spezifische Berufswahl vollständig erklären", sagte WSI-Wissenschaftler Heiner Dribbusch, einer der Autoren der Studie, dem Abendblatt. "Zu einem bedeutenden Anteil kann der Einkommensunterschied nur am Geschlecht liegen."
So haben zwar in Deutschland inzwischen mehr Frauen als Männer einen Hochschulabschluss. Dennoch ist die Gehaltsdifferenz laut Statistischem Bundesamt seit dem Jahr 1995 praktisch konstant geblieben.
Nicht einmal eine Tarifbindung schließt Ungleichbehandlungen aus. "Tarifverträge sind das eine, die Eingruppierung ist das andere", sagt Claudia Menne, Leiterin der Abteilung Gleichstellungspolitik beim Deutschen Gewerkschaftsbund. "Wir hören von Fällen, in denen junge Männer bei der Einstellung - ohne dass sie dies gefordert hätten - eine Tarifgruppe höher eingestuft wurden. Das ist nicht erlaubt, aber es findet tagtäglich statt." Verschärft werde die Gehälter-Situation noch dadurch, dass bis zu 50 Prozent aller Betriebe in Deutschland nicht mehr tarifgebunden seien.