Jedenfalls als Lokführer der Deutschen Bahn. Wieder raste ein ICE ohne zu halten durch den Bahnhof
Als wir noch jung waren, wollten die meisten von uns einmal Lokomotivführer werden und wie Lukas mit seiner Dampflok Emma auf Lummerland durch Tunnel und über Berge rattern. Heute hat man gemeinhin den Eindruck, dass die Lokführer oft und gern streiken und gelegentlich ihre ureigene Aufgabe vernachlässigen, von A nach B zu fahren. Zum zweiten Mal innerhalb eines Monats hat jetzt ein Lokführer vergessen, in Wolfsburg anzuhalten.
Wolfsburg! Was ist so furchtbar an der Stadt am Mittellandkanal, dass man sie links (oder rechts, je nach Fahrtrichtung) liegen lässt? Es ist immerhin die Stadt Hoffmann von Fallerslebens, des VW Käfers und des Tanzfestivals Movimentos, die man schon in vollen Zügen genießen kann. Aber schon Goethe sagte: "Man reist ja nicht, um anzukommen, sondern um zu reisen."
Es darf spekuliert werden. Womöglich hat sich der Zugführer über ein Montagsauto aus Wolfsburger Produktion geärgert, das er in der VW-Autostadt abgeholt hat. Oder er war ein Fan des FC Schalke 04, der es seinem ehemaligen Trainer Felix Magath mal ordentlich heimzahlen wollte. Oder er hatte die Hasskappe auf, weil die deutschen Fußballfrauen bei der Weltmeisterschaft ausgerechnet in Wolfsburg an den flinken Japanerinnen gescheitert sind. Oder er hat einmal den Film "Wolfsburg" gesehen, in dem Benno Fürmann durch eine triste, graue Stadt streift. Gibt es vielleicht sogar ein neues Bahnhofsphantom Wolfsburg 21?
Der Lokführer, der zuletzt an Wolfsburg vorbeirauschte, hatte übrigens eine simple Entschuldigung. Er hatte sich nach einem Fahrplan gerichtet, der erst im August in Kraft tritt. Alle Achtung: Da war die Bahn wenigstens einmal nicht nur pünktlich, sondern sogar ihrer Zeit voraus.