Kampen. Junge Leute grölen vor einer Bar in Kampen auf Sylt Nazi-Parolen. Für einige Beteiligte haben die Parolen nun berufliche Konsequenzen.
- Ein Video, das auf der Insel Sylt vor der Promi-Bar „Pony“ in Kampen entstanden ist, zeigt junge Leute, die ausländerfeindliche Parolen grölen
- Die Beteiligten sind mittlerweile identifiziert, zum Teil hat ihr Nazi-Gegröle berufliche Konsequenzen
- Einer der jungen Männer hat sich für sein Verhalten entschuldigt
Die Empörung über das Nazi-Video, das vor der Promi-Bar „Pony“ in Kampen auf Sylt entstanden ist, ebbt nicht ab. Offenbar gut betuchte junge Leute hatten dort am Pfingstwochenende ausländerfeindliche Parolen gegrölt. Deutlich ist zu hören, wie die Beteiligten „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ singen. Einer der Beteiligten deutet dabei mit zwei Fingern einen Hitlerbart an und zeigt einen vermeintlichen Hitlergruß.
Genau dieser junge Mann hat nun für sein Verhalten um Entschuldigung gebeten. Der „Bild“-Zeitung sagte Moritz N.: „Ich will mich öffentlich und aufrichtig entschuldigen für das, was passiert ist. Alle, die wir damit vielleicht verletzt haben, bitte ich um Entschuldigung.“ Er habe einen „ganz schlimmen Fehler“ gemacht und schäme sich dafür. Er habe sich der Polizei gestellt und werde die rechtlichen Konsequenzen tragen. Er sei betrunken gewesen, sein Verhalten sei nicht Ausdruck seiner inneren Haltung.
Er gehe an die Öffentlichkeit, um den Anfeindungen gegen seine Familie und Freunde im Internet zu begegnen. „Das war mein Fehler, für den auch nur ich geradestehen sollte, und nicht meine Freunde und Verwandte, die nicht dabei waren. Deshalb meine Bitte: Seid böse mit mir, aber nicht mit meinen Freunden und Verwandten.“ Er habe seine sozialen Kanäle gelöscht.
Video zeigt Nazi-Gegröle auf Sylt: Party-Hymne von Rechtsextremen gekapert
Unterlegt waren die rassistischen Ausfälle mit der Melodie von Gigi D‘Agostinos „L‘amour Toujours“, eine Party-Hymne aus den 90er-Jahren, die seit kurzem von Rechtsextremen gekapert wird. Eine der an dem Gegröle beteiligten jungen Frauen mit Sonnenbrille im Haar und weißer Bluse filmte die Szene. Die Umstehenden singen und wippen, haben Gläser mit Getränken in den Händen. An dem Gegröle scheint sich niemand zu stören.
Nazi-Gegröle auf Sylt: Betreiber verhängt lebenslanges Hausverbot
Die Betreiber der Bar haben mittlerweile Konsequenzen gezogen: Die gesamte Szene am späten Nachmittag des Pfingstsamstag sei von Überwachungskameras mit Ton aufgezeichnet worden, sagte Inhaber Tim Becker der dpa. Man habe die Namen aller fünf Beteiligten an die Polizei gegeben. Auch die Überwachungsaufnahme sei der Polizei übermittelt worden.
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Viele der insgesamt rund 300 Gäste hätten auf der Terrasse des Lokals den Party-Hit ganz normal mitgesungen. Das sei auf der Aufnahme zu hören. Auf der Überwachungsaufnahme sei zu sehen, wie einer der Beteiligten die kleine Gruppe mit seinem Handy gefilmt hat. „Das waren wirklich nur diese fünf Leute“, sagte Becker. Ähnliche Vorfälle habe es im Pony bisher nicht gegeben, sagte Becker. Eine Konsequenz sei, dass „L’amour Toujours“ künftig nicht mehr gespielt werde. „Uns war das komplett neu, dass das missbraucht wird.“
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Berufliche Konsequenzen für Beteiligte – AfD-Mann provoziert
Der Vorfall hat zudem ein berufliches Nachspiel für manche Beteiligte: Die Werbeagentur-Gruppe Serviceplan Group erklärte am Freitagabend auf Instagram, sie habe einen Mitarbeiter fristlos entlassen, der an dem Vorfall beteiligt gewesen sei. „Wir tolerieren Rassismus in jeglicher Form innerhalb unserer Agenturgruppe nicht“, erklärte das Unternehmen.
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Die Hamburger Influencerin Milena Karl entließ nach eigenen Angaben ebenfalls eine Mitarbeiterin, die an dem Vorfall beteiligt gewesen sei. „Abgesehen von dem ohnehin abscheulichen Inhalt des Videos hat es mich schockiert, verletzt und enttäuscht, zu sehen, dass eine der Personen aus dem Video mit mir in einem Anstellungsverhältnis stand“, schrieb sie in einer Instagram-Story.
Sie habe das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung aufgelöst und distanziere sich ausdrücklich „von sämtlichen Personen, die in diesem Video auftreten“. „Ich bin selbst Migrantin und als werdende Mutter steht alles, was in diesem Video zu sehen ist, für eine Gesellschaft, in der ich mein Kind nicht großziehen möchte.“
Ein bayerischer Landtagsabgeordneter der AfD nutzte die Diskussion indes für eine weitere Provokation. Beim Kurznachrichtendienst X schrieb Rene Dierkes: „Ich biete den offenbar gut ausgebildeten Herrschaften vom #Sylt Video an, sich bei mir im Landtagsbüro zu bewerben. Voraussetzung: Stabil bleiben.“
Sylt: Bundesinnenministerin Nancy Faeser reagiert
Bundesinnenministerin Nancy Faeser zeigte sich alarmiert über den Zwischenfall. „Wer Nazi-Parolen wie ‚Deutschland den Deutschen – Ausländer raus‘ grölt, ist eine Schande für Deutschland“, sagte die SPD-Politikerin unserer Redaktion.
Es stelle sich die Frage, „ob wir es hier mit Menschen zu tun haben, die in einer wohlstandsverwahrlosten Parallelgesellschaft leben, die die Werte unseres Grundgesetzes mit Füßen tritt“, so Faeser. Die Frage sei auch, welches hasserfüllte Klima solche Leute dazu ermutige, sich so abgrundtief rassistisch in aller Öffentlichkeit zu äußern.
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„Hier darf es keinerlei schleichende Normalisierung geben“, forderte die Ministerin. „Deshalb ist der laute Aufschrei, den es jetzt gibt, wichtig.“ Rassisten müssten neben möglichen strafrechtlichen Konsequenzen überall – im Freundeskreis, bei der Arbeit, im Sport – lauten Widerspruch erfahren. „Es ist wichtig, den Mund aufzumachen und gegenzuhalten gegen solchen Menschenhass.“
Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zeigte sich besorgt. „Diese Szenen sind verstörend und absolut inakzeptabel“, sagte der Grünen-Politiker unserer Redaktion. „Wer so rumpöbelt, ausgrenzt und faschistische Parolen schreit, greift an, was unser Land zusammenhält.“
Auch CDU-Bundesvorsitzender Friedrich Merz hat das Geschehen scharf verurteilt. „Was geht eigentlich in den Köpfen dieser Leute vor, das ist doch auch mit Alkoholkonsum nicht mehr zu erklären“, sagte er am Samstag bei einem Programm-Parteitag der CDU Brandenburg in Potsdam zur Landtagswahl. „Das ist an keiner Stelle mehr irgendwo zu rechtfertigen oder zu erklären, was da geschehen ist. Das ist völlig inakzeptabel, dass so etwas stattfindet (...).“
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