Boston. Schuldig in allen 30 Anklagepunkten. Die Jury lässt keinen Zweifel, dass sie Dschochar Zarnajew voll für den Anschlag verantwortlich hält.
Zwei Jahre nach dem Terroranschlag auf dem Marathon in der US-Metropole Boston droht dem Bombenleger Dschochar Zarnajew die Todesstrafe. Eine Geschworenenjury befand den 21-Jährigen am Mittwoch in allen 30 Anklagepunkten, die mit der Tat zusammenhängen, für schuldig, darunter der Einsatz von Massenvernichtungswaffen.
Sie sehen es nach einem mehrwöchigen Prozess als erwiesen an, dass er im April 2013 mit seinem älteren Bruder Tamerlan zwei Bomben am Zieleinlauf des berühmten Sportereignisses zündete und dadurch drei Menschen ermordete und rund 260 zum Teil schwer verletzte. Zudem sei er bei der Flucht an der Tötung eines Polizisten beteiligt gewesen.
Die sieben Frauen und fünf Männer in der Jury berieten trotz der Fülle der Anklagepunkte insgesamt nur rund elfeinhalb Stunden, bis sie zu ihrer Entscheidung kamen. 17 der 30 Anklagepunkte können mit der Todesstrafe geahndet werden. Über das Strafmaß wird in der nächsten Phase des Prozesses entschieden. Bis dahin können noch einige Wochen vergehen.
Die Verteidiger streiten die Mitschuld ihres Mandaten nicht ab, wollen aber eine Exekution vermeiden. Sie betonen, dass die Hauptschuld bei Tamerlan gelegen habe, der die Tat geplant und die Bestandteile der Bomben gekauft habe. Er war wenige Tage nach der Tat während einer Verfolgungsjagd von der Polizei erschossen worden.
Vor dem Gerichtsgebäude in Boston versammelten sich während der Urteilsverkündung Opfer und Hinterbliebene. Zu den Toten zählte auch ein acht Jahre alter Junge, der sich den Marathon mit seinen Eltern anschaute. Viele der Verletzten verloren durch die Bombensplitter Beine oder Arme.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten eindeutig terroristische Absichten vor. Die Brüder tschetschenischer Abstammung hätten in den Straßen von Boston einen islamistischen Krieg gegen amerikanische Bürger führen wollen und bewusst kleine Kinder ins Visier genommen. Dschochar Zarnajew sei von dem Dschihad genauso überzeugt gewesen wie sein Bruder.
Bei der Tat handelte es sich um den schwersten Terroranschlag in den USA seit dem 11. September 2001. Auf der Zielgeraden des Marathonlaufs hatten Tausende Zuschauer die Läufer angefeuert, als zwei zu Bomben umfunktionierte Schnellkopftöpfe explodierten. Sie waren mit selbst gebasteltem Sprengstoff und Nägeln gefüllt und in Rucksäcken versteckt worden waren.
Dschochar Zarnajew flüchtete nach dem Tod seines älteren Bruders in den Bostoner Vorort Watertown. Zuletzt versteckte er sich in einem auf dem Trockenen liegenden Boot im Garten eines Hauses. Auf die Innenwand schrieb er islamistische Botschaften, bevor die Polizei ihn stellte.
Seine Anwältin Judy Clarke versuchte in ihrem Plädoyer, die Geschworenen davon zu überzeugen, dass er ein ganz normaler Schüler gewesen sei. „Ohne Tamerlan wäre das nie passiert.“
Der US-Bundesstaat Massachusetts hatte Exekutionen zwar in den frühen 1980er Jahren abgeschafft und die letzte Hinrichtung fand 1947 statt. Aber da Zarnajew sich in einem Bundesverfahren verantworten muss, gilt für ihn Bundesrecht, das die Todesstrafe erlaubt.
(dpa)