Los Angeles. Die Region leidet seit vier Jahren unter Dürre. Gouverneur reagiert mit Notstandsverordnung und radikalem Sparprogramm.
Zum 100. Geburtstag glaubte sich Amerikas größter Friedhof gegen die seit Jahren grassierende Trockenheit in Kalifornien bislang gut gerüstet. Um Gräber und Grünanlagen auf dem sechs Quadratkilometer großen Rose Hills Memorial Park im Osten von Los Angeles zu bewässern, sagte Marketingchef Nick Clark, sollte künftig statt Frischwasser ausschließlich recyceltes Nass benutzt werden. Größenordnung: Zigtausende Gallonen (100 Gallonen entsprechen etwa 378 Litern).
Doch diese Sparmaßnahme wird bei Weitem nicht reichen. Erstmals in seiner Geschichte hat Kalifornien angesichts extremer Dürre Vorschriften zum Wasserverbrauch angekündigt. Gouverneur Jerry Brown hat dem gesamten US-Bundesstaat jetzt ein historisch radikales Wassersparprogramm verordnet, das Kaliforniens Gesicht verändern wird. Großzügige Rasenflächen und Golfplätze, die stundenlang durch Sprinkler-nlagen bewässert werden, kommen auf den Index. Das Grün im öffentlichen Raum wird weniger. Der verdurstende Sonnenstaat wird braun.
„Der Wasserverbrauch muss um 25 Prozent reduziert werden“, kündigte der Quasiministerpräsident bei einer Pressekonferenz in der Sierra Nevada an und sprach von einer „historischen Trockenperiode“. In diesem Gebiet, das für ein Drittel der Wasserversorgung in Metropolen wie Los Angeles verantwortlich ist, werden normalerweise Anfang April Schneehöhen bis zu 1,50 Meter gemessen. Unter Browns Mikrofonständer war diese Woche nur verdorrtes Gras zu sehen. Seit Beginn der Schneemessungen in den 1950er-Jahren bedeutet dieser Winter ein Trockenheitsrekord. Da kein Ende der Trockenheit in Sicht ist, sei Kalifornien zu „noch nie dagewesenen Maßnahmen“ gezwungen. Der Leiter der Behörde für Wasserversorgung in Kalifornien, Mark Cowin, sagte, die diesjährige Schneeschmelze werde praktisch keinen Tropfen Wasser in die Reservoirs spülen.
Die Konsequenzen sind alarmierend, wenn man den konstant ausbleibenden Regen dazurechnet: Seit 2011 sind die Wasserreserven Kaliforniens jährlich um 14 Milliarden Kubikmeter geschrumpft.
Nichtsdestotrotz verbrauchen 38 Millionen Kalifornier im Schnitt pro Tag jeweils 700 Liter. „Entschieden zu viel“, schrieb ein Wissenschaftler der US-Raumfahrtbehörde Nasa in einem viel beachteten Artikel in der „Los Angeles Times“ und warnte: „Wir haben noch einen Wasservorrat für ein Jahr.“
Jerry Browns H2O-Notstandsgesetz, das die staatliche Wasserbehörde in einen umfangreichen Vorschriftenkatalog gießen wird, ist das Eingeständnis, dass Empfehlungen und leichte Drohungen nicht reichen. Bereits im vergangenen Jahr hatte Brown die Bürger dazu aufgerufen, Hauseinfahrten und Gehwege nicht mehr ausgiebig zu befeuchten und sich generell beim Duschen, Autowaschen, Rasensprengen und Blumengießen einzuschränken. Verstöße dagegen wurden aber so gut wie nie geahndet, schreibt die Zeitung „Sacramento Bee“ in der Landeshauptstadt. Der Wasserverbrauch ging nur marginal zurück.
Diesmal sollen die Strafen empfindlicher ausfallen – 10.000 Dollar (etwa 9089 Euro) und mehr bei Zuwiderhandlung sind ihm Gespräch. Ebenso ein massiver ökologischer Umbau.
Fast fünf Millionen Quadratmeter öffentliche Flächen werden in den kommenden Jahren mit wüstentauglichen, sprich wassergenügsamen Pflanzen wie Kakteen und Agaven bestückt. Konkrete Vorschriften, wie der Konsum zu drosseln ist, werden im Mai erwartet. Universitäten, Golfplätze, Friedhöfe und andere Einrichtungen mit großen Rasenflächen sollen zum sparsameren Bewässern angehalten werden. Darüber hinaus sollen Wasserversorger ihr Tarifsystem so ändern, dass Wasserverschwendung für die Verbraucher teuer wird. Die Kalifornier müssten „in jeder erdenklichen Weise Wasser sparen“, sagte Brown.
Gemeinden haben Hotlines eingerichtet, um Wassermissbrauch zu melden
Für die Landwirtschaft, die in Teilen Südkaliforniens der wichtigste Wirtschaftszweig und bei manchen Gemüsen und Früchten Amerikas Hauptversorger ist, stellt das neue Reglement noch ein ungelöstes Problem dar. Bereits heute liegen knapp 2000 Quadratkilometer Nutzfläche brach. Farmer exportieren oder notschlachten bereits ihre Herden. Knapp 17.000 Landarbeiter haben ihren Job verloren. Der wirtschaftliche Schaden belief sich 2014 auf zwei Milliarden Dollar.
Die Wasserknappheit treibt kuriose Blüten. Im Central Valley, etwa in East Porterville, gibt es so gut wie kein fließendes Wasser mehr. Die Bewohner sind auf Tankwagen und die Belieferung mit Plastikflaschen angewiesen. Nicht nur dort werden Fälle von Wasserklau gemeldet. Viele Gemeinden haben Hotlines eingerichtet, um Diebstähle und Missbrauch zu melden.