Das Satire-Magazin wird in einer Auflage von einer Million gedruckt. Die am kommenden Mittwoch erscheinende Ausgabe ist die Erste seit dem blutigen Anschlag am Mittwoch auf die Redaktion in Paris.
Paris. Die neue Ausgabe des französischen Satire-Magazins „Charlie Hebdo“ soll neben Frankreich auch in mehreren weiteren Ländern erscheinen. Wie am Freitag aus Pressekreisen verlautete, soll das Magazin auf jeden Fall in Spanien und der Schweiz verbreitet werden, doch verhandele der Vertreiber MLP auch mit Partnern in weiteren Ländern wie Kanada. Die am kommenden Mittwoch erscheinende Ausgabe ist die Erste seit dem blutigen Anschlag am Mittwoch auf die Redaktion in Paris, bei dem zwei Islamisten zwölf Menschen töteten, darunter vier Zeichner.
Die „Ausgabe der Überlebenden“ soll statt der üblichen 60.000 Exemplare mit einer Auflage von einer Million gedruckt werden. Den Angaben zufolge wollen auch Länder, die sonst allenfalls eine Handvoll Exemplare abnehmen, dieses Mal mehrere tausend anfordern. Der neue Chefredakteur des Magazins, Gérard Biard, kündigte am Freitag an, dass die Ausgabe Zeichnungen der gesamten Redaktion, einschließlich der vier getöteten Karikaturisten, enthalten werde.
Die Ausgabe erscheint mit Unterstützung anderer Zeitungen sowie der Pressevertreiber, die für die neue Ausgabe kein Geld nehmen wollen. „Charlie Hebdo“ litt bereits vor dem Anschlag unter schweren finanziellen Problemen. Die überlebenden Mitarbeiter waren nach dem Anschlag gezwungen, ihre Redaktionsräume zu verlassen und bei der Zeitung „Libération“ Zuflucht zu suchen. „Charlie Hebdo“ ist für islamkritische Karikaturen bekannt. Die Attentäter gaben selber an, mit ihrem Anschlag den Propheten Mohammed „gerächt“ zu haben.
Frankreich will Maßnahmen beschließen
Nach den Terroranschlägen und Geiselnahmen will die französische Regierung bei einem Notfalltreffen am Sonnabend Maßnahmen zur Verhinderung weiterer Attacken beschließen. „Die Bedrohungen, die Frankreich begegnen, sind nicht zu Ende“, sagte Präsident François Hollande. „Wir sind ein freies Volk, das bei Druck nicht klein beigibt.“ Kanzlerin Angela Merkel, Großbritanniens Premierminister David Cameron und andere Regierungschefs kündigten an, am Sonntag mit Hollande an einer Kundgebung in Paris teilnehmen zu wollen.
Mit einem Doppelschlag hatte die französische Polizei am Freitag den tagelangen Terror im Großraum Paris beendet und drei islamistische Attentäter getötet. Insgesamt starben an den drei Terrortagen mindestens 20 Menschen – neben den zwölf Todesopfern des Anschlags auf die Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“, den drei Terroristen und einer Polizistin im Süden von Paris auch mindestens vier Geiseln.
Eine vierte Verdächtige ist noch auf freiem Fuß. Es wird davon ausgegangen, dass sie bewaffnet ist. Hinter dem Anschlag auf die Redaktion von „Charlie Hebdo“ soll der jemenitische Al-Kaida-Ableger AQAP stecken, der jedoch nicht direkt die Verantwortung für die Attacke übernahm. Stattdessen verbreitete Scheich Harith al-Nadhari, ein hochrangiger Geistlicher von AQAP, per Twitter eine Aufnahme, in der er von einem „gesegneten Angriff auf Paris“ sprach.
So wurden die Geiselnahmen beendet
Premierminister Manuel Valls sprach von Versäumnissen vor der Tat. Polizei und Geheimdienst waren dafür kritisiert worden, nicht früher eingegriffen zu haben. Einer der beiden mutmaßlichen Attentäter, Chérif Kouachi, war 2008 wegen Terrorvorwürfen bereits verurteilt worden, sein Bruder Said hatte nach US-Informationen Verbindungen zum Terrornetzwerk Al-Kaida und war vor Jahren zu einem Terrortrainingsprogramm in den Jemen gereist. Beide standen auf der US-Flugverbotsliste.
Die drei Gesichter des Schreckens für Frankreich
CHÉRIF KOUACHI
Der 32-Jährige war den französischen Sicherheitsbehörden schon lange bekannt: 2008 wurde er wegen seiner Zugehörigkeit zu einem Dschihadisten-Netzwerk zu drei Jahren Haft verurteilt, davon die Hälfte auf Bewährung. 1982 in Paris als Sohn algerischer Eltern geboren, war Chérif Mitglied des nach einem Park im 19. Pariser Bezirk benannten „Buttes-Chaumont-Netzwerks“, das Dschihadisten zum Kampf gegen die US-Truppen in den Irak schickte. Er wurde 2005 festgenommen, kurz bevor er selbst über Syrien in den Irak reisen konnte.
Seine Radikalisierung hatte bereits früher begonnen: Anfang der 2000er Jahre besuchte Kouachi in Paris Korankurse bei dem selbsternannten „Emir“ Farid Benyettou, der für den Dschihad im Irak warb. Bei Vernehmungen sagte Benyettou, Kouachi sei „sehr impulsiv und sehr aggressiv“ gewesen und habe von Plänen gesprochen, vor einer Ausreise zum Dschihad einen Angriff auf Juden in Frankreich zu verüben.
Im Gefängnis lernte Kouachi später den Islamisten Djamel Beghal kennen, der wegen der Vorbereitung von Anschlägen eine zehnjährige Haftstrafe absaß. Seitdem soll er unter dessen Einfluss gestanden und einen „sehr strengen Islam“ praktiziert haben, heißt es aus informierten Kreisen. Vor seinem Tod sagte er dem Nachrichtensender BFMTV, er sei vom Terrornetzwerk Al-Kaida im Jemen beauftragt und finanziert worden.
SAID KOUACHI
Der 34-Jährige wurde nie strafrechtlich belangt, die französischen Sicherheitsbehörden hatten sich vor allem bei Ermittlungen zu seinem jüngeren Bruder mit ihm beschäftigt. Offenbar hielt er sich aber 2011 mehrere Monate lang im Jemen auf und wurde dort von Al-Kaida unter anderem im Umgang mit Waffen trainiert.
Zuletzt lebte der arbeitslose Said Kouachi, auf Fahndungsfotos mit kurzen Haaren und Kinnbart zu sehen, mit seiner Frau und einem gemeinsamen Kind in einem Vorort der ostfranzösischen Stadt Reims. Sein Personalausweis wurde in einem der Fluchtfahrzeuge gefunden, was die Ermittler auf die Spur der Brüder brachte.
AMEDY COULIBALY
Coulibalys Fahndungsfoto lief am Freitag in allen Nachrichtensendungen: Der 32-Jährige soll zunächst am Donnerstag in Montrouge südlich von Paris eine Polizistin erschossen haben. Am Freitag dann tötete er in einem jüdischen Supermarkt im Osten von Paris bei einer Geiselnahme mehrere Menschen. Vor seinem Tod sagte er BFMTV, er sei Mitglied der Dschihadisten-Gruppe Islamischer Staat (IS) und habe seine Taten mit den Kouachi-Brüdern abgestimmt.
Coulibaly wurde in der Vergangenheit wegen Diebstahls, Raubs und Drogenhandels mehrfach verurteilt und hat Jahre im Gefängnis verbracht. Aber erst 2010 fiel sein Name in Verbindung mit einem islamistischen Unterfangen: Er war an Plänen beteiligt, einen inhaftierten Islamisten aus dem Gefängnis zu befreien, bei seiner Festnahme wurden bei ihm 240 Kalaschnikow-Patronen gefunden. Ende 2013 wurde er deswegen zu fünf Jahren Haft verurteilt, wegen seiner Zeit in der U-Haft kam er im vergangenen Jahr wieder auf freien Fuß.
Während einer seiner Haftstrafen lernte er Chérif Kouachi kennen – und den Islamisten Beghal, der auch auf ihn einen großen Einfluss ausübte.
Geboren wurde Coulibaly in Juvisy-sur-Orge im Süden von Paris als siebtes von insgesamt zehn Kindern – seine Geschwister sind allesamt Schwestern. 2008 und 2009 machte er eine Ausbildung in einem Coca-Cola-Werk nahe Paris. In der Zeit wurde er, zusammen mit anderen Auszubildenden, vom damaligen Staatschef Nicolas Sarkozy im Elysée-Palast empfangen.