Bei dem Terroranschlag auf „Charlie Hebdo“ wurden zwölf Menschen erschossen. Die Brüder Chérif und Said K. gelten als Hauptverdächtige. Die Tat sei vom IS in Auftrag gegeben worden, sagt ein Experte.
Paris. Kaltblütig sollen sie zwölf Menschen erschossen haben, unter Hochdruck fahndet jetzt die französische Polizei nach den beiden Brüdern: Chérif und Said Kouachi sind nach dem Anschlag auf die Satire-Zeitung „Charlie Hebdo“ die Hauptverdächtigen. Während der 34-jährige Said bislang unauffällig geblieben war, ist sein zwei Jahre jüngerer Bruder Chérif den Sicherheitsbehörden schon lange als Islamist bekannt. Wegen seiner Zugehörigkeit zu einem Dschihadisten-Netzwerk wurde er 2008 zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, Verbindungen gibt es offenbar auch zur Dschihadisten-Gruppe Islamischer Staat (IS).
Chérif Kouachi, der auf einem Fahndungsfoto mit kahlrasiertem Kopf und Kinnbart zu sehen ist, war Mitglied des nach einem Park im 19. Pariser Bezirk benannten „Buttes-Chaumont-Netzwerks“, das Dschihadisten zum Kampf gegen die US-Truppen in den Irak schickte. Der französische Staatsbürger, 1982 als Sohn nordafrikanischer Eltern in Paris geboren, wurde 2005 festgenommen, kurz bevor er selbst in den Irak reisen konnte. 2008 wurde Kouachi – Spitzname Abou Issen – zu drei Jahren Haft verurteilt, davon die Hälfte auf Bewährung.
Flucht der Täter schürt Terrorangst
Sein einstiger Anwalt Vincent Ollivier beschreibt den Chérif Kouachi von damals als „ziemlich normalen Jungen, der rauchte, trank und Mädchen anbaggerte“. Kouachi sei geradezu „erleichtert“ über seine Festnahme gewesen, habe er doch geahnt, dass er aus dem Irak nicht lebend zurückkehren werde, sagte Ollivier dem Sender Europe 1. Er habe sich schließlich „resozialisiert“, im Gefängnis sei er „reifer“ geworden.
Tatsächlich lernte Kouachi aber in der Haft den gewaltbereiten Islamisten Djamel Beghal kennen, der wegen der Vorbereitung von Anschlägen eine zehnjährige Haftstrafe absaß. Seitdem soll er unter dessen Einfluss gestanden und einen „sehr strengen Islam“ praktiziert haben, heißt es aus informierten Kreisen. Genannt wurde Kouachis Name auch im Zusammenhang mit Plänen, ein in Frankreich zu lebenslanger Haft verurteiltes früheres Mitglied der algerischen Islamistengruppe GIA aus dem Gefängnis zu befreien.
Geübt im Umgang mit Waffen
Verbindungen gibt es laut dem renommierten Islam-Experten Jean-Pierre Filiu auch zum IS: Anfang der 2000er Jahre war neben Chérif Kouachi auch der Franko-Tunesier Boubaker al-Hakim Mitglied des „Buttes-Chaumont-Netzwerks“. Al-Hakim hat sich zu der Ermordung zweier tunesischer Oppositioneller im Jahr 2013 bekannt und kämpft derzeit für den IS in Syrien. Es sei „unmöglich“, dass der Anschlag bei „Charlie Hebdo“ nicht vom IS in Auftrag gegeben worden sei, ist Filiu überzeugt.
Die Polizei warnt, der 32-jährige Chérif wie sein Bruder Said seien „bewaffnet und gefährlich“. Außer Frage steht, dass beide im Umgang mit Waffen geübt sind. „Man sieht es eindeutig an der Art, wie sie ihre Waffen halten, wie sie ruhig und kaltblütig vorgehen“, sagte ein Polizeixperte mit Blick auf die Videoaufnahmen von dem Attentat. „Sie haben ganz eindeutig eine Art militärisches Training erhalten.“ So hielten die Männer ihre Kalaschnikow-Schnellfeuergewehre beim Laufen nahe am Körper und gaben die Schüsse einzeln und nicht in Salven ab.
Als Kinder machten sie „niemals“ Probleme
Beide hatten offenbar keine leichte Kindheit. Sie lebten – zusammen mit einem weiteren Bruder und einer Schwester – wegen familiärer Probleme jahrelang in einem Heim. Sie seien aber „perfekt integriert“ gewesen und hätten „niemals“ Probleme gemacht, sagte der Erziehungsleiter des Heims der Zeitung „La Montagne“. Sie machten schließlich Ausbildungen im Hotelfachgewerbe und als Elektrotechniker.
Über die Radikalisierung von Said Kouachi ist weniger bekannt als über die seines Bruders. Der 34-Jährige lebte seit rund eineinhalb Jahren in Reims, zusammen mit seiner stets verschleierten Ehefrau, Mutter eines gemeinsamen Kindes, berichten Nachbarn. Sie seien „sehr diskret“ gewesen.