Islamisten bedrohen die aufgeklärte Gesellschaft. Die muss sich endlich wehren
Das vielleicht bitterste an dem abscheulichen Anschlag mit zwölf Toten auf die islamkritische Zeitschrift „Charlie Hebdo“ in Paris ist: Er kam nicht überraschend. Das französische Magazin wurde schon im Oktober 2011 Opfer eines Brandanschlags, das Wochenblatt stand unter Polizeischutz. Über das Niveau und die Sinnhaftigkeit seiner Mohammed-Karikaturen kann man streiten. Sie sind geschmacklos, verletzen die Gefühle von Gläubigen, sind politisch nicht hilfreich. Aber sie müssen möglich sein. Seit der Aufklärung gibt es das Recht auch zu Provokationen. Wie oft wurde der Papst als seniler Tattergreis verulkt, wie oft Jesus Christus als Lattenjupp geschmäht, ohne dass ein Christ durchdreht? Und wie oft verlieren radikale Moslems den Verstand?
Hier liegt der Unterschied. Und dieser lässt sich seit gestern nicht mehr als „Tat einzelner Eiferer“ kleinreden. Dahinter steckt Kalkül: Islamisten wollen Angst und Schrecken verbreiten und so die Pressefreiheit abschaffen. Die Tat eines Einzelnen mag noch 1989 die Fatwa, das Todesurteil vom iranischen Despoten Khomeini gegen Salman Rushdie gewesen sein, der mit den „Satanischen Versen“ ein vermeintlich unbotmäßiges Werk über den Propheten veröffentlicht hatte. Bis heute hat der Iran ein Kopfgeld auf Rushdie ausgesetzt. Der Literat muss seitdem um sein Leben fürchten, immer wieder Auftritte wegen Drohungen und Mordaufrufen von Islamisten absagen. Vor gut zehn Jahren veröffentlichten die ehemalige Muslimin Ayaan Hirsi Ali und der Filmemacher Theo von Gogh „Submission“, einen Film über die Missbrauchserfahrungen von muslimischen Frauen. Van Gogh wurde ermordet, Hirsi Ali flüchtete in die USA. Und der Däne Kurt Westergaard wird seit seinen Mohammed-Karikaturen verfolgt – ein Attentat überlebte er nur, weil er sich in einen Schutzraum flüchtete. Wer ist als nächster dran?
Um den Terror und die Gegenradikalisierung zu stoppen, ist der Anschlag von Paris ein Fanal. Die muslimische Welt muss sich endlich über den Terror aus den eigenen Reihen empören und nicht über geschmacklose Zeichnungen. Weltweit gingen gegen die Mohammed-Karikaturen Millionen Muslims, oft aufgepeitscht durch Scharfmacher, auf die Straßen. 150 Menschen starben bei diesen Protesten. Wo aber bleiben die Märsche der muslimischen Welt gegen die Mörder des IS, gegen den Terror diverser Splittergruppen? Natürlich lebt ein überwältigender Teil deutscher Muslime auf dem Boden des Grundgesetzes – sie gehören zu Deutschland. Gerade sie sind die ersten Opfer ihrer irren Glaubensbrüder. Der größte Feind des Islam sind nicht ein paar verängstigte Kleinbürger in Dresden, die absurden Pegida-Parolen hinterherlaufen. Ihr Problem ist der Islamismus. Und, auch das ist Teil der Wahrheit, die fehlende Aufklärung im Islam.
Ein genauso großes Problem aber ist ein bizarrer Relativismus vermeintlich aufgeklärter Deutscher, der viele moderne Muslime fassungslos macht. Wie sollen eigentlich Menschen integriert werden, wie Werte vorgelebt werden, wenn einer breiten Mehrheit der Bevölkerung fast alles egal ist? Multikulti heißt nicht, die Augen vor islamistischen Parallelgesellschaften mitten im Land zu verschließen. Mit welcher Nonchalance die deutsche Mehrheit dort die Unterdrückung von Frauen, Gewalt gegen Juden oder die Verfolgung von Homosexuellen hinnimmt oder relativiert, verstört.
Auch hier geht es um Aufklärung, um Freiheit. Die bedrohen nicht nur Terroristen, sondern auch die Trägen, Desinteressierten, Lauen. Freiheit gibt es nicht zum Nulltarif. Es sind vor allem aufrechte (Ex-)Linke wie Alice Schwarzer, Henryk Broder, Reinhard Mohr oder der SPD-Politiker Heinz Buschkowsky, die immer wieder den Finger in die Wunde legen. Intoleranz aber wird nur überwunden, wenn sich ihr alle entgegenstellen.