Waren die Bilanzen jahrelang gefälscht worden? Es geht um Hunderte Millionen Euro, die der neue Finanzberater von Papst Franziskus fand. Gibt es noch größere Reserven?
Rom/London. Die Wirtschaftsbehörde des Vatikan hat nach eigenen Angaben „Hunderte Millionen Euro“ entdeckt, die bislang nicht in den Bilanzen auftauchten. Die Finanzen der Kirche stünden damit besser da als geglaubt, schreibt der mit der Neuordnung der Finanzen beauftragte Kurienkardinal George Pell in einem Beitrag für die britische Wochenzeitung „Catholic Herald“.
„Es ist wichtig zu betonen, dass der Vatikan nicht bankrott ist“, so der australische Kardinal. Abgesehen von einer nötigen Stärkung des Pensionsfonds mit Blick auf höhere Ausgaben in 15 oder 20 Jahren bleibe der Vatikan „liquid“ und verfüge über „beträchtliche Aktiva und Vermögenswerte“.
Die wirtschaftliche Lage sei „viel solider, als es schien, weil einige Hundert Millionen Euro auf besonderen Unterkonten versteckt waren und nicht in der Bilanz erschienen“, schrieb Pell. Aus seiner Sicht nicht zu beantworten sei, „ob der Vatikan viel größere Reserven haben sollte“.
Pell bezeichnete die Beteiligung von nichtgeistlichen Experten an der vatikanischen Finanzverwaltung als grundlegend für die Reformen. Für 2015 kündigte er die Ernennung eines externen Beraters an. Dieser werde allein dem Papst rechenschaftspflichtig sein, autonom agieren und jede Abteilung des Heiligen Stuhls jederzeit prüfen können.
Spender erwarteten, dass ihre Mittel „effizient und ehrlich“ eingesetzt würden. „Eine Kirche der Armen sollte nicht ärmlich gemanagt werden“, betonte der Kardinal.
Pell, 73, ist Leiter des von Papst Franziskus im Februar ins Leben gerufenen Wirtschaftssekretariats. Die Richtlinienkompetenz liegt bei einem übergeordneten Wirtschaftsrat, dessen Präsident der Münchner Kardinal Reinhard Marx, 61, ist.
Das von Pell geleitete Wirtschaftssekretariat ist für Wirtschafts- und Finanzentscheidungen des Heiligen Stuhls, des Vatikanstaates und von fast 200 dem Vatikan direkt unterstehenden Einrichtungen zuständig. Ob die im November im Vatikan eingeführten Verfahren für Finanzgeschäfte und Kontenpläne auch Bischofskonferenzen weltweit zugeleitet würden, sei „eine Sache für die Zukunft“, so Pell.