War es ein fataler Fehler? Eine US-Krankenschwester hat sich trotz strenger Sicherheitsvorkehrungen mit Ebola angesteckt. Sie behandelte den inzwischen verstorbenen Patienten in Texas. Weltweit verstärken immer mehr Länder ihre Schutzmaßnahmen an Flughäfen.
Dallas/London/Madrid. Trotz Schutzkleidung und strenger Sicherheitsvorkehrungen hat sich erstmals auch in den USA eine Krankenschwester mit Ebola angesteckt. Sie hatte den Mann betreut, der die gefährliche Krankheit von Afrika nach Amerika gebracht hatte und daran am Mittwoch gestorben war. Obwohl die Frau sofort isoliert wurde, wollte die Gesundheitsbehörde CDC neue Übertragungen nicht ausschließen. „Ich will es klar sagen. Es besteht die Möglichkeit, dass es weitere Fälle hier in den USA geben wird“, sagte CDC-Chef Tom Frieden am Sonntag in Atlanta.
Wie es zu der Ansteckung kommen konnte, war zunächst unklar. Erst kürzlich hatte sich eine Pflegehelferin in Spanien trotz strenger Schutzmaßnahmen bei einem Ebola-Patienten angesteckt. Wie diese war sich offenbar auch die US-Pflegerin zunächst keines Fehlers bewusst: „Die Person war voll den Maßgaben der CDC gefolgt: Anzug, Handschuhe, Maske, Brille“, sagte Daniel Varga von der texanischen Gesundheitsbehörde am Sonntag in Dallas.
Angesteckt hatte sich die Frau bei dem Liberianer, der Ende September in die USA geflogen war und nach vier Tagen Ebola-Symptome entwickelt hatte. Sie soll mit dem 42-Jährigen bei seinem zweiten Besuch in der Notaufnahme „intensiven Kontakt“ gehabt haben. Ein kritischer Punkt sei das Abnehmen des Gesichtsschutzes, hieß es von den CDC zur möglichen Fehlerquelle. Die Pflegehelferin in Spanien soll sich beim Ausziehen des Schutzanzugs mit einem Handschuh versehentlich ins Gesicht gefasst haben.
Fehler könnten passieren – sie sollten dem Betroffenen aber sofort klar sein, sagte der Virusexperte Jonas Schmidt-Chanasit der Nachrichtenagentur dpa. Derjenige werde dann sofort unter Quarantäne gestellt und es bestehe keine Gefahr von Folgeinfektionen. „Was nicht passieren sollte, ist, dass unbemerkt solche Sachen passieren“, betonte der Leiter der Virusdiagnostik des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin in Hamburg. Die Verhaltensregeln würden seit Jahren trainiert, ein Fehler oder Problem müsse daher sofort auffallen. Unerkannte Infektionen seien „nahezu ausgeschlossen“.
Der Gesundheitszustand der US-Pflegerin sei stabil, hieß es am Sonntag vom Krankenhaus. CDC-Chef Frieden zufolge enthält das Blut der Frau erst wenige Viren, darum sei die Hoffnung auf eine Genesung groß. Die Frau hatte am Freitag leichtes Fieber gemeldet, ein Test ergab: Ebola. Sofort begann die Suche nach möglichen Kontaktpersonen. „Wir haben unser Team in Dallas vergrößert und arbeiten mit äußerstem Hochdruck daran, eine weitere Ausbreitung zu verhindern“, sagte David Lakey von der Gesundheitsbehörde des Staates Texas.
Auf dem New Yorker John F. Kennedy-Flughafen werden Reisende aus Ländern mit Ebola inzwischen auf mögliche Symptome untersucht. Die vier anderen großen US-Flughäfen sollten folgen. Der Schutz der US-Bürger habe höchste Priorität, sagte Martin Cetron von den CDC. Aber: „Egal wie viele dieser Schritte wir durchführen, das Risiko kann nicht auf Null gesenkt werden“. Die CDC rechnen mit täglich rund 150 Reisenden aus Liberia, Sierra Leone und Guinea.
Auch Israel hat spezielle Kontrollen für Reisende aus diesen drei Ländern eingeführt. Sie sollten besonders ausführlich befragt werden, teilte das Büro des Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu mit. Dies gelte für den internationalen Flughafen Ben Gurion bei Tel Aviv sowie für alle Grenzübergänge und Seehäfen.
Ähnliche Prüfungen in Deutschland sind vorerst nicht geplant. Dort nach Einschätzung von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) kein Grund zur Sorge. Es gebe „hervorragend ausgestattete Behandlungszentren“, die auf den Umgang mit hoch ansteckenden Krankheiten spezialisiert seien, sagte der CDU-Politiker der „Rheinischen Post“ (Samstag). Die Notfallpläne für den Umgang mit Erkrankten würden regelmäßig geübt.
In Großbritannien wurde am Wochenende landesweit ein Ebola-Ausbruch simuliert. Schauspieler spielten Ebola-Erkrankte, die in Kliniken gebracht wurden, selbst der Transport von Blutproben in ein Speziallabor wurde geprobt. „Großbritannien hat robuste Pläne parat“, bilanzierte Gesundheitsminister Jeremy Hunt, der während der Übung eine gespielte Sitzung des Krisenkabinetts leitete. Das Land müsse sich auf „eine Handvoll“ Ebola-Fälle in den kommenden Monaten einstellen, sagte die oberste Amtsärztin Sally Davies.
Der Zustand der Pflegehelferin in Madrid war weiter ernst, hatte sich am Wochenende aber stabilisiert. Dies gab die Ebola-Sonderkommission der spanischen Regierung bekannt. Die Frau hatte sich bei der Behandlung eines aus Westafrika eingeflogenen Ebola-Kranken infiziert. Es war die erste Ebola-Übertragung von Mensch zu Mensch in Europa. Auch in Deutschland werden derzeit zwei Ebola-Patienten behandelt, einer in Frankfurt am Main, der andere in Leipzig.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat inzwischen weit über 8000 Ebola-Fälle in den drei am stärksten von Ebola betroffenen Ländern Guinea, Liberia und Sierra Leone registriert. Mehr als 4000 Menschen starben. Experten gehen zudem von einer hohen Dunkelziffer aus.
Die Mitgliedstaaten des Internationalen Währungsfonds (IWF) zeigten sich sehr beunruhigt über die Epidemie. „Wir sind zutiefst besorgt über die menschlichen und sozioökonomischen Auswirkungen von Ebola“, erklärte der IWF-Lenkungsausschuss (IMFC) in Washington. „Wir alle haben die katastrophalen Folgen von Ebola unterschätzt. Jetzt beginnt die Aufholjagd“, sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) der „Bild am Sonntag“. Europa könne und müsse noch mehr tun.