Der Freund des verunglückten Formel-1-Rekordweltmeisters äußert sich erstmal umfangreicher zum Unfall Michael Schumachers. Dessen Helmkamera soll Beweise liefern, dass der 45-Jährige durchaus langsam auf der Piste unterwegs war.
Grenoble. Vor dem Justizpalast in Albertville parkten knapp 20 Übertragungswagen. Am Eingang in der Avenue des Chasseurs Alpins kontrollierte ein halbes Dutzend Polizeibeamte die Medienvertreter. Im ersten Stock des Palais de Palais de Justice Albertville drängten sich etwa zwei Dutzend Kamerateams in dem Verhandlungssaal, in dem Staatsanwalt Patrick Quincy am Mittwochvormittag über die Ermittlungen zum schweren Skiunfall von Michael Schumacher berichten wollte.
Einige der Berichterstatter waren schon am Vorabend angereist, von 08.30 Uhr an konnten sie am Mittwoch das Justizgebäude betreten. Für das Krankenhaus in Grenoble, wo Schumacher seit seinem Sturz liegt, bedeutete das einen weiteren Schritt zurück in die normalen Tagesbetrieb.
Michael Schumacher soll vor seinem schweren Skiunfall tatsächlich langsam gefahren sein. Das Video seiner Helmkamera belegt nach einem Bericht des französischen Senders BFMTV die These einer geringen Geschwindigkeit des Ex-Formel-1-Weltmeisters. Das sei das Ergebnis der Untersuchung der Gendarmerie Chambéry, berichtete der Fernsehsender am Dienstagabend.
Die Bilder bestätigten die Angaben von Begleitern Schumachers, hieß es. Sie hatten berichtet, der 45-Jährige sei vor dem Sturz vor gut einer Woche langsam zwischen zwei Pisten im Skigebiet von Méribel unterwegs gewesen.
Die Regionalzeitung „Le Dauphiné Libéré“ hatte bereits berichtet, die Helmkamera Schumachers sei eingeschaltet gewesen und die Bilder seien verwertbar. Offizielle Stellungnahmen lagen dazu aber zunächst nicht vor.
Schumacher wird seit seinem Sturz am 29. Dezember unter riesigem Medieninteresse in Grenoble behandelt. Corinna Schumacher wies in ihrer Stellungnahme noch einmal auf Expertisen und Aussagen der behandelnden Mediziner hin. Diese hatten am Montag in der ersten Stellungnahme nach sechs Tagen betont, Schumachers Zustand sei stabil.
Auch Managerin Sabine Kehm bestätigte in einer schriftlichen Stellungnahme nicht, dass sie gesagt haben soll, Schumacher sei außer Lebensgefahr. Zuvor hatten Medien berichtet, der Ex-Weltmeister befinde sich nicht mehr in „akuter“ Lebensgefahr.
Auch DJV appelliert an die Journalisten
In die Diskussion um die Berichterstattung schaltete sich auch der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) ein. Der Bundesvorsitzende Michael Konken wies auf den Kodex des Deutschen Presserats hin, der „Respekt vor dem Leid von Opfern und den Gefühlen von Angehörigen“ fordert. „Das gilt auch dann, wenn das Opfer prominent ist.“
Die traumatologische Abteilung in Grenoble gilt als eine der besten in Frankreich. Schumacher befindet sich den Ärzten zufolge weiter mit schweren Kopfverletzungen im künstlichen Koma.
Nach bisherigen Erkenntnissen fuhr Schumacher zwischen zwei markierten Pisten gegen einen Felsen. Er verlor in dem eher flachen Bereich mit Neuschnee die Kontrolle, krachte mit dem Kopf auf einen Felsen und erlitt ein schweres Schädel-Hirn-Trauma. Zweimal – unmittelbar nach seiner Einlieferung am Mittag des Unglückstages und einen Tag später – wurde er operiert.
Das Medieninteresse in Grenoble war seit dem Unfall riesig. Im Laufe der Woche wurden die Übertragungswagen auf eine gesonderte Stellfläche verwiesen. Ein Medienvertreter hatte nach Angaben von Schumachers Managerin versucht, als Priester verkleidet zu dem siebenmaligen Champion zu gelangen.
Am Dienstag hatte zumindest vor Ort der Andrang der Journalisten weiter nachgelassen. Auf dem Gelände für die Übertragungswagen war wieder mehr Platz. Viele Medienvertreter waren schon ins rund 80 Kilometer entfernte Albertville unterwegs.
Vettel äußert sich erstmals
Derweil hat sich erstmals auch der aktuelle Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel ausführlich zum Unfall seines Freundes geäußert.
Als ich von Michaels Unfall erfahren habe, war ich tief schockiert“, schrieb der viermalige Champion in einem Beitrag der „Sport Bild“ (Mittwoch), in dem er Schumachers Familie außerdem „ganz viel Kraft“ wünschte.
„Natürlich schießen einem in so einem Moment auch Erinnerungen mit ihm durch den Kopf“, erklärte Vettel – so wie die erste Begegnung mit seinem Kindheitsidol 1994. Damals überreichte Schumacher beim Finale der NRW-Kartmeisterschaft die Pokale. Schumacher hatte bereits den ersten seiner insgesamt sieben WM-Titel geholt, Vettel die Landesmeisterschaft gewonnen. „Und es kam, wie es kommen musste. Als er vor mir stand, wusste ich nicht, was ich sagen sollte“, schrieb Vettel.
Jahrelang war Schumacher das große Idol des mittlerweile 26 Jahre alten Heppenheimers. Mittlerweile ist er auf dem besten Weg, immer mehr der lange für einzigartig gehaltenen Rekorde des Kerpeners einzustellen. Die beiden sind gut befreundet und nicht selten hört Vettel auch auf Schumachers Rat. „Ich hoffe jetzt, dass es ihm so schnell wie möglich wieder besser geht“, so Vettel.
Der Zustand seines Kumpels und ehemaligen Rivalen ist stabil, Schumacher liegt in Grenoble mit schweren Kopfverletzungen aber weiter im künstlichen Koma. „Wenn einer das ganz Besondere schafft, dann Du“, schrieb der ehemalige Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug. Der Schwabe kennt Schumacher seit vielen, vielen Jahren. „Bitte, bitte, schaffe es jetzt auch!“
Vergessen sind auch die einstigen Rivalitäten auf der Strecke bei Jacques Villeneuve angesichts der tragischen Ereignisse um Schumacher. 1997 hatte Schumacher im WM-Kampf den Wagen des Kanadiers beim Saisonfinale im spanischen Jerez mit seinem Ferrari regelrecht gerammt. Schumacher wurden nachträglich alle Punkte der WM 1997 aberkannt. Villeneuve wurde Weltmeister. „Zum Glück ist Michael ein Kämpfer. Er hasst es zu verlieren. Das ist jetzt ganz wichtig“, meinte der Kanadier.