Nach der Befreiung dreier Frauen aus einem Wohnhaus in Cleveland erinnern sich die Nachbarn an seltsame Zwischenfälle. Sie hätten die Polizei gerufen – aber ohne Effekt, sagen sie.
Cleveland. Nach der Befreiung dreier Frauen aus einem Haus in Cleveland muss sich die Polizei kritischen Fragen stellen. Die drei Opfer waren als junge Mädchen verschwunden und offenbar bis zu elf Jahre lang von drei Männern gefangen gehalten worden. Nun berichteten Nachbarn, sie hätten in den vergangenen Jahren mindestens zweimal die Polizei zu dem heruntergekommenen Gebäude gerufen. Die Polizei bestätigte, dass sie zweimal anrückte – allerdings aus Anlässen, die nichts mit den jetzt entdeckten Frauen zu tun gehabt hätten.
Die Entdeckung der drei Frauen – Gina DeJesus, Amanda Berry und Michelle Knight – war am Montag (Ortszeit) bekannt geworden. Eine von ihnen hatte sich offenbar aus dem Haus südlich des Zentrums der US-Stadt befreien können und die Polizei gerufen, die in dem Gebäude zwei Leidensgenossinnen und ein sechsjähriges Kind fanden, offenbar die Tochter einer der Frauen. Drei Männer wurden festgenommen.
Berry war am 16. April 2003 – einen Tag vor ihrem 17. Geburtstag – verschwunden, DeJesus im Alter von 14 Jahren im Jahr 2004, Knight im Alter von 20 im Jahr 2002. Polizeichef Michael McGrath bestätigte, offensichtlich seien die Frauen seither in dem Haus gefangen gehalten worden.
Sie sind nach Darstellung der Polizei physisch gesund. Sie seien nun mit ihren Familien zusammen. Doch habe man sie abgeschottet. Amanda Berrys Vater Johnny Berry sagte dem Sender WJHL-TV, er habe erstmals am Montagabend mit seiner so lange vermissten Tochter gesprochen. „Sie sagte: Hallo, Daddy, ich lebe“, berichtete der Vater. Beide seien in Tränen ausgebrochen.
Wie eine jahrelange Gefangenschaft mitten in einem Wohnviertel so lange unentdeckt bleiben konnte, war zunächst unklar. Eine Nachbarin sagte, sie habe vor einigen Jahren die Polizei zu dem Haus gerufen, nachdem ihre Tochter hinter dem Gebäude eine nackte Frau auf Knien habe kriechen sehen. Ein anderer Nachbar berichtete, er habe ein Klopfen an der Tür des Gebäudes gehört und Plastiktüten über den Fenstern bemerkt. Die Polizei kam in beiden Fällen. Die Nachbarn berichteten jedoch, die Beamten seien nie ins Haus hinein gegangen.
Clevelands Sicherheitsdirektor Martin Flask erklärte am Dienstag, in den Akten der Ermittler gebe es keinen Hinweis, dass jemand kriminelle Aktivitäten in dem Haus gemeldet hätte. Allerdings sei man noch dabei, sämtliche Datenbanken der Polizei, der Feuerwehr und der Notdienste zu durchforsten.
Die drei festgenommenen Männer sind Brüder – der 52-jährige Hausbesitzer Ariel Castro, der 54-jährige Pedro Castro und der 50-jährige Onil Castro. Noch haben die Behörden keine offiziellen Vorwürfe gegen die Männer erhoben. Ein Verwandter der drei Brüder, Juan Alicea, erklärte, die Familie sei vollkommen schockiert über die Entdeckung der drei Frauen. Man habe keine Ahnung gehabt.