Nach dem tragischen Unfall im Kölner Zoo kritisieren Tierschützer die Haltung der Raubkatzen. Im Internet entbrannte zudem eine hitzige Debatte.
Köln. Nachdem ein Tiger im Kölner Zoo eine Tierpflegerin angefallen und getötet hat, hat die Tierrechtsorganisation WWF die Haltung der Tiger massiv kritisiert. Der Sprecher der Organisation, Jörn Ehlers, sagte, die in Zoos gehaltenen Tiger seien allesamt verhaltensgestört und würden in freier Wildnis nicht überleben. Die Tierrechtsorganisation Peta forderte, die Haltung von Großkatzen in Zoos zu verbieten. „Durch die artwidrige Haltung in viel zu kleinen Gehegen nutzen die Raubkatzen jede sich bietende Möglichkeit, ihrem Gefängnis zu entkommen“, warnte Peta. „Ausbrüche und tödliche Unfälle sind daher vorprogrammiert.“
Im Internet entbrannte eine hitzige Debatte. Auf Facebook kritisierten einige Nutzer, dass der Tiger nicht nur betäubt, sondern direkt getötet wurde. Andere reagierten daraufhin entsetzt. „Niemand hätte eine schwer verletzte Kollegin einfach so im Stich gelassen“, kommentierte ein Nutzer. Zoo-Vorstand Christopher Landsberg sagte dem „Express“: „Wir hatten keine andere Möglichkeit. Die finale Lösung war absolut richtig und unumgänglich.“
Und dennoch: Es ist ein schwerer Moment für den Kölner Zoo-Direktor Theo Pagel. Nach dem Unglück trat Pagel mit versteinerter Miene vor die Mikrofone. „Das ist heute der schwärzeste Tag meines Lebens“, sagte er und schilderte kurz die Tragödie. Ausgelöst wurde sie, als die Tierpflegerin trotz aller Erfahrung offenbar versäumt hatte, den Tiger „Altai“ einzusperren, bevor sie mit Reinigungsarbeiten begann. In diesem unvorsichtigen Moment kam es zur Katastrophe.
Der Raubkater fiel die Frau von hinten an und biss ihr in den Hals. Eine Kollegin eilte herbei, sah die Pflegerin leblos am Boden liegen und schlug Alarm. Als kurz danach der Notarzt eintraf konnte er für die 43-Jährige nichts mehr tun. Auch Pagel war schnell zur Stelle, die Polizei rückte mit einem Sonderkommando an. Die Einsatzleitung wies den Direktor an, den Tiger unverzüglich mit einem für solche Fälle bereitstehenden großkalibrigen Gewehr zu erschießen. Rettungskräfte passierten die Hintereingänge des Zoos mit Blaulicht und Sirenen.
Die dramatischen Szenen spielten sich in dem für Besucher nicht zugänglichen Wirtschaftsgebäude des Tigerhauses ab. Die Zoobesucher bekamen nichts davon mit. Sie wurden aber per Lautsprecherdurchsage aufgefordert, den Tierpark zu verlassen. Die Ballonverkäuferin am Eingang beobachtete, dass die Leute ohne Eile oder gar Panik herauskamen. Verständnislose Blicke hier und da, Achselzucken. Noch kannte ja keiner den Grund für den Alarm. Wenig später gab es Entwarnung, als der Tiger tot war. Die Besucher durften wieder in den Zoo.
„Der Tiger war sofort tot“, erklärte Direktor Pagel im Anschluss. Doch viel mehr erschütterte ihn, dass seine Mitarbeiterin nicht gerettet werden konnte. Ihrer Familie gilt nun das Mitgefühl des gesamten Zoo-Teams, das selbst unter Schock steht. Eine festliche Abendveranstaltung wurde abgesagt.
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Stunden später bummelten die Menschen wieder durch den Zoo. Kinder schleckten Eis, Senioren bevölkerten die Bänke. Auch am Tigergehege. Zwei der Raubkatzen fläzten dösend unter schattigen Bäumen. Allein die Anwesenheit von zwei Polizisten und einigen Kameraleuten deutete daraufhin, dass etwas passiert sein musste.
Derzeit laufen die Ermittlungen zu den Unglücksursachen auf Hochtouren. Was ging dem tödlichen Biss voraus? Wie genau war der Hergang? Polizei und Staatsanwaltschaft haben begonnen, Spuren am Ort des Geschehens zu sichern und auszuwerten. Zeugen werden befragt - sofern sie schon in der Lage sind, Antworten zu geben. Mit ersten Ergebnissen sei frühestens am Montag zu rechnen, sagte ein Polizeisprecher.
Mit Material von dapd und dpa