Russische “Sparta“ sitzt leckgeschlagen in der Antarktis fest. Rettungsversuche gescheitert. Hilfe ist nur aus der Luft möglich.
Wellington. Schifffahrtsexperten sagen, er hätte wegen des Eises nicht dort hinfahren sollen und Umweltschützer sehen es sowieso nicht gern, wenn in diesen Gewässern Trawler auf Fischzug sind. Oleg Starolat, Kapitän der russischen "Sparta", hat sich allen Vorbehalten zum Trotz tief in den Süden des Rossmeers vorgewagt. Jetzt sitzt er dort fest in dieser Antarktisbucht und wartet mit den anderen 31 Crewmitgliedern auf Hilfe, mit einem Leck in der Bordwand unterhalb der Wasserlinie, eingeschlagen von einem Eisberg wie bei der "Titanic".
Am Freitag ging der Seenotruf bei der neuseeländischen Küstenwache ein. Ein im Hafen der Hauptstadt Wellington liegender südkoreanischer Eisbrecher machte sich, gechartert von der Reederei des Trawlers, auf den Weg. Nur Eisbrecher haben eine Chance, zur "Sparta" vorzudringen, doch sie benötigen für die 3700 Kilometer länger Zeit als andere Schiffe, etwa acht Tage.
Die "Sparta" hat schwer Schlagseite. Die Seeleute, 15 Russen, 16 Indonesier und ein Ukrainer, warfen am Sonntag und Montag alles über Bord, was nicht benötigt wird. Der Fang der letzten Wochen war als Erstes fällig, zwischendurch saßen auch Mitglieder der Besatzung selbst in den Gummi-Inseln, um das Schiff zu entlasten. "Wir können das Leck nicht schließen", sagte Kapitän Starolat über Funk. "Damit das Loch oberhalb des Wassers ist, müssen wir 100 Tonnen Treibstoff ablassen, dann könnten wir es vielleicht zuschweißen."
Vorerst behilft sich die Crew mit einer Pumpe, um wenigstens das neu eindringende Wasser aus dem Rumpf wieder herauszubringen. So konnte sie die Schlagseite stabilisieren. Das Gerät war in einem waghalsigen Manöver herbeigeschafft worden. Hubschrauber sind außer Reichweite. Deshalb musste die Pumpe im Flug aus einer C-130 Hercules abgeworfen werden, eine langsam fliegende viermotorige Turbopropmaschine. Das in der Antarktisstation McMurdo stationierte Flugzeug muss wohl weiterhin die Betreuung der "Sparta" übernehmen, bis die Eisbrecher kommen, weitere Pumpen und Schweißgeräte werden noch per Fallschirm ankommen. Immerhin sind Wetter und See ruhig, und die Temperaturen bewegen sich tagsüber im Plus.
Rettungsinseln schwimmen im Eiswasser nicht lange
Der Direktor des russischen Expeditions- und Forschungsinstituts für die Arktis und Antarktis warnt derweil vor allzu großem Vertrauen in die Sicherheitseinrichtungen der "Sparta": "Sie hat keine Rettungsboote an Bord, sondern nur Rettungsinseln, aber bei Temperaturen um den Gefrierpunkt bleiben Rettungsinseln erfahrungsgemäß nicht allzu lange über Wasser", sagte Wjatscheslaw Martianow in einem Interview mit der Rundfunkstation "Voice of Russia" und riet: "Am sichersten wäre es, die Besatzung würde auf einer Eisscholle ein Camp aufschlagen."
Während sich in der Arktis in den letzten Jahren die Eisfläche im Sommer zurückgezogen hat, breitete sie sich im antarktischen Ozean über den Durchschnitt der vergangenen Jahrzehnte aus, so auch im Südsommer dieser Tage. Auch die Eisplatten vor dem dauerhaften Packeis sind dort bisweilen mehr als eineinhalb Meter dick. "Schiffe wie die 'Sparta' sind nicht geeignet für die Fischerei unter solchen Bedingungen", kritisiert Martianow, "das Gebiet, in dem sie nun havarierte, ist eine der schwierigsten Eiszonen der gesamten Antarktis." Nur Eisbrecher hätten dort etwas zu suchen. Jetzt müsse alles getan werden, um eine Ölverschmutzung des Meeres zu vermeiden. In den Tanks des Schiffes befinden sich zwar nur noch etwa 180 Tonnen Diesel, ungleich weniger als bei den großen Tankerkatastrophen der letzten Jahrzehnte. Doch im eiskalten Wasser hält sich ausgelaufenes Öl länger als unter tropischen Bedingungen wie etwa am Golf von Mexiko.
Auch aus diesem Grund, mehr noch aber wegen der besonders hohen Artenvielfalt der Meeresfauna in dieser Region, wehren sich Umwelt- und Artenschützer seit Längerem gegen eine Ausweitung der Fischerei in den arktischen Gewässern. Sie gehören zu den noch besonders gut erhaltenen Ökosystemen der Ozeane - und sind eben deshalb auch im Focus von Reedereien, die auf der Suche nach besonders ergiebigen Fischgründen sind.
Könnten sich die Männer der "Sparta" an Land retten, stünden sie übrigens unmittelbar in Framheim, jenem Ort, von dem aus der Norweger Roald Amundsen nach seinem langen Winterlager aufbrach, um vor ziemlich genau 100 Jahren als erster Mensch am Südpol anzukommen. Doch von seinen Hütten ist nichts mehr zu sehen. Die nächste beheizbare Behausung ist 800 Kilometer entfernt.