Für viele überraschend ist der Kölner Weihbischof zum obersten Katholiken der Hauptstadt bestellt worden. Woelki: “Einen solchen Weg plant man nicht.“
Berlin. Ihn hatte kaum einer auf der Rechnung: Für viele überraschend ist der Kölner Weihbischof Rainer Maria Woelki von Papst Benedikt XVI. zum neuen Erzbischof von Berlin ernannt worden. Da die katholische Spitzenposition in der Bundeshauptstadt traditionell mit dem Kardinalstitel verbunden ist, bedeutet die Berufung für den 54-Jährigen gebürtigen Kölner einen doppelten Aufstieg in der kirchlichen Hierarchie.
Woelki verbindet ein besonderes Verhältnis zum Kölner Kardinal Joachim Meisner. Der machte ihn 1990 zu seinen persönlichen Sekretär. Dieses Amt übte Woelki sieben Jahre lang aus, bevor ihn Meisner in eine andere Vertrauensstellung berief; nämlich zum Direktor des Collegium Albertinum in Bonn, wo die Priesterkandidaten des Erzbistums während ihrer Studienzeit auf ihr Leben als Geistliche vorbereitet werden. 2003 folgte dann die Ernennung zum Weihbischof durch Papst Johannes Paul II. In der Erzdiözese hat Woelki die Seelsorgeverantwortung für den Pastoralbezirk Nord, zu dem die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt Düsseldorf gehört.
Während sein Förderer Meisner 1989 von Berlin nach Köln wechselte, wird nun der wanderbegeisterte Woelki genau in Gegenrichtung die Reise vom Rhein an die Spree antreten. Nach eigenem Bekunden erlebte der neue Hauptstadt-Erzbischof als Kind und Jugendlicher noch eine "heile Welt der katholischen Kirche“. In seinem künftigen Wirkungskreis im Osten, in der Metropole Berlin sowie in Brandenburg und Vorpommern, erwartet den eher zurückhaltend und bedächtig auftretenden Geistlichen das völlige Gegenteil. Dort ist nur eine Minderheit kirchlich gebunden.
Aber auch im "heiligen Köln“ hat Woelki die Erfahrung gemacht, dass der Glaube längst keine Selbstverständlichkeit mehr ist. "Wir Christen werden weniger und die Säkularisierung wird voranschreiten“, so seine nüchterne Analyse. Für ihn ist das alles aber kein Grund zur Resignation. Für die Kirche komme es umso mehr darauf an, "ein ganz entschiedenes Christentum“ zu leben – was ganz seinem bischöflichen Wahlspruch "Wir sind Zeugen“ entspricht.
Große Hoffnung setzt Woelki, der im Jahr 2000 an der vom Opus Dei geleiteten "Päpstlichen Universität vom Heiligen Kreuz“ in Rom mit einer Arbeit über die Bedeutung der Pfarrei promovierte, auf kleine "Gemeinschaften des Glaubens“. Sie sollen „aus einer tiefen Christus- und Gottesfreundschaft heraus“ den gemeindlichen Alltag und den Lebensalltag der Menschen mitgestalten.
Woelki, der in Bonn und Freiburg studierte, hatte eigentlich vor, „als ganz normaler Pastor“ zu arbeiten und mit einer Gemeinde zu leben. Dass es ganz anders gekommen ist, wertet er als Gottes Wille. "Einen solchen Weg plant man nicht“, sagte er vor einiger Zeit, damals noch als Weihbischof. Er habe sich „zu keiner Aufgabe gedrängt“.
In Berlin betritt er nun auch das mitunter glatte Parkett der Politik und der Medienwelt. Dort wird er besonders zu ethischen Fragen verständlich und klar Stellung beziehen müssen. In der Bundeshauptstadt dürfte sich der Fan des 1. FC Köln nicht völlig in der Fremde fühlen. Denn dort haben sich seit dem Umzug von Parlament und Regierung schon etliche tausend Rheinländer angesiedelt. (kna)