Hamburg beherbergt nach Düsseldorf die zweitgrößte japanische Kolonie
Hamburg. Ausgerechnet heute muss es passieren, am bedeutendsten und letzten Tag des Schuljahres muss die Erde in der Heimat beben: So ist die Entlassungsfeier der sechsten und neunten Klasse an der Japanischen Schule im schleswig-holsteinischen Halstenbek überschattet von den schrecklichen Ereignissen in der Heimat. Dabei sind viele Angehörige angereist, sogar Vertreter des japanischen Generalkonsulats aus Hamburg sind gekommen. Doch auch wenn die großen Gäste wegen der Katastrophe beunruhigt sind: Die Kinder sollen an ihrem wichtigen Tag nicht mit der Erdbebenkatastrophe belastet werden. So wirken denn auch nur die Erwachsenen verunsichert. "Ich war geschockt, als ich die Bilder sah, denn ich habe selbst schon einmal ein Erdbeben erlebt", sagt die 37-jährige Hiro Sawa. "Ich habe in der Heimat angerufen. Meiner Mutter geht es glücklicherweise gut." Mehrere Teilnehmer der Veranstaltung berichten, dass man telefonisch jedoch nur sehr schwer Kontakt mit den Verwandten in Japan aufnehmen könne.
"Informationen erhalte ich nur über das Internet. Ich bin besorgt, denn meine Familie lebt in der Nähe von Tokio. Mehrere Anrufe waren erfolglos", berichtet ein Herr Mizogushi. "Man hat mir geraten, nur das Handy zu benutzen", sagt ein Mitglied des japanischen Generalkonsulats. "Problematisch ist allerdings, dass meine Mutter kein Handy besitzt."
Auch Marika O. kommt erst am Nachmittag wieder zur Ruhe. "Mein Vater hatte die ganze Zeit versucht, Kontakt zu unserer Familie in Japan aufzunehmen", sagt die junge Frau, die in Hamburg geboren wurde und aufgewachsen ist. Ihr Vater ist Japaner, ihre Mutter eine Deutsche. Nach Stunden des Wartens die Erleichterung: "Unsere direkten Verwandten, Onkel, Tanten und Cousins, die alle in und um Tokio wohnen, sind wohlauf." Ihre Verwandten aus der Nähe von Sendai hätten sie allerdings noch nicht erreicht. "Wir werden es natürlich weiter versuchen."
Auch Megumi Gerull weiß am Freitagnachmittag bereits, dass es ihrer Familie gut geht. Aber ihre Freunde hat sie auch nach unzähligen missglückten Anrufen nicht erreichen können. "Alle Leitungen sind tot", sagt die 38-jährige Küchengehilfin, die im "Shiawase" am Jungfernstieg arbeitet. Sie mache sich große Sorgen, denn ihre Freunde kämen vor allem aus Fukushima und Miyagi, nicht weit vom brennenden Atomkraftwerk. "Ich hoffe, sie konnten vor dem Tsunami fliehen." Ihr Kollege Chiaki Tanaka, 34, erzählt, dass seine Familie im Gegensatz zur Wohnung in Ordnung sei: "Alle Möbel sind umgestürzt. Mein Vater, er ist 67, hat noch nie so ein starkes Beben erlebt."
Die 58-jährige Setsuko Ohira, die das "Akari" auf der Uhlenhorst führt, berichtet, dass bei ihrer Schwester in Aomori der Strom ausgefallen sei und damit auch das Fernsehen. "Ich musste ihr erst einmal alle Einzelheiten über das Beben erzählen", sagt sie und fügt hinzu: "Das Schlimmste ist, dass wir hier sitzen müssen und gar nichts tun können."