Ein Rocker schießt durch eine Haustür und trifft einen SEK-Beamten tödlich - nun fordert der Staatsanwalt zwölf Jahre Haft für den Hells Angel.
Koblenz. Für den tödlichen Schuss auf einen SEK-Beamten in Anhausen (Kreis Neuwied) soll ein Rocker nach dem Willen der Staatsanwaltschaft zwölf Jahre in Haft. Das 44-jährige Mitglied der Hells Angels habe sich des Totschlags schuldig gemacht, sagte der Staatsanwalt in seinem Plädoyer am Mittwoch vor dem Landgericht Koblenz. Der Angeklagte hatte vor fast genau einem Jahr durch die verschlossene, teils verglaste Haustür seines Anwesens auf den Polizisten gefeuert. Das SEK war für eine Hausdurchsuchung in den Morgenstunden angerückt. Der 44-Jährige war wegen Mordes angeklagt worden. Einen niedrigen Beweggrund für die Tat konnte die Staatsanwaltschaft jedoch insgesamt nicht feststellen.
Der Angeklagte hatte im Prozess die Schüsse eingeräumt, er habe jedoch einen Eindringling und nicht die Polizei vor der Tür vermutet. Er wollte zuvor auch eine Warnung gerufen haben. Das bezweifelte allerdings der Staatsanwalt, die anderen SEK-Männer wollten bei dem Einsatz nichts gehört haben. Die Staatsanwaltschaft billigte dem Angeklagten zwar zu, dass er in der Situation eine Gefahr für sich und seine Lebensgefährtin befürchtete. Notwehr schloss er aber aus.
Der Staatsanwalt betonte auch, der 44-jährige Besitzer eines Waffenscheins sei sich der Wirkung seiner großkalibrigen Waffe bewusst gewesen: „Jeder, der sich mit Waffen auskennt, weiß, dass der Einsatz dieser Schusswaffe Menschen in größte Lebensgefahr bringt.“ Der Rocker hatte aus einer Distanz von rund 2,50 Meter geschossen.
Nach dem Obduktionsergebnis traf ein Projektil den 42-jährigen SEK-Beamte am linken Oberarm und drang danach von der Seite in den Brustkorb ein. Der Polizist verblutete. Damit wurde in Rheinland-Pfalz erstmals seit 25 Jahren ein Polizist im Dienstgetötet.
Bei Totschlag sieht das Gesetz eine Haftstrafe von nicht unter fünf Jahren vor. Im Hinblick auf die weiteren Vorwürfe gegen den Rocker sah der Staatsanwalt je zweimal den Straftatbestand der versuchten Erpressung und versuchten Nötigung erfüllt. Unter Berücksichtigung „der Vielzahl der Taten und der hohen kriminellen Energie“ habe sich die Gesamtfreiheitsstrafe ergeben. Die Verteidigung verwies darauf, dass sich der Angeklagte in einer „existenziellen Entscheidungssituation“ wähnte. Er habe mit dem Angriff von Mitgliedern eines verfeindeten Rockerclubs gerechnet. Auch kritisierte er das Vorgehen der Polizei: „Dieser Polizeieinsatz war gänzlich überzogen, durch nichts auf den Angeklagten bezogen gerechtfertigt und deswegen rechtswidrig.“
Die verhängnisvolle Hausdurchsuchung war Teil umfangreicher Ermittlungen im Rockermilieu. Elf Männer und Frauen sind unter anderem wegen räuberischer Erpressung angeklagt. Der Fall des 44-Jährigen wurde davon abgetrennt. Er sitzt seit dem Tod des Beamten in Untersuchungshaft. Ein Urteil wird kommenden Montag erwartet.